Einleitung:

Die Orientierung bei der Berufswahl stellt nach wie vor ein zentrales Problem dar, das viele Jugendliche vor große Herausforderungen stellt. Trotz der Vielzahl an Informationen und Ressourcen beklagen mehr als die Hälfte aller befragten Jugendlichen – satte 55 Prozent – dass es ihnen schwerfällt, sich in der Fülle der verfügbaren Informationen zurechtzufinden. Diese Schwierigkeiten manifestieren sich in einem klaren Bedarf nach mehr Unterstützung und Hilfestellung bei der Planung ihrer beruflichen Zukunft. Es ist alarmierend zu erfahren, dass fast ein Drittel derjenigen, die bereits Erfahrungen mit der Suche nach einem Ausbildungsplatz gemacht haben, sich mehr Unterstützung wünschen, während weitere 42 Prozent zumindest teilweise diesen Bedarf äußern.

Um die Übergänge zwischen Schule und Berufsleben zu verbessern, ist jedoch nicht nur eine ausreichende Anzahl von Ausbildungsplätzen erforderlich. Vielmehr brauchen insbesondere diejenigen jungen Menschen, die Schwierigkeiten bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz haben, eine individuelle und kontinuierliche Begleitung. Es ist entscheidend, dass die entsprechenden Angebote flexibel verfügbar sind, um bestmöglich auf die jeweilige Situation der Jugendlichen eingehen zu können.

Angesichts dieser Herausforderungen ist es dringend geboten, die Berufliche Orientierung zu optimieren und effektive Strategien zu entwickeln, um Jugendlichen eine fundierte Grundlage für ihre berufliche Zukunft zu bieten. In diesem Kontext ist es von entscheidender Bedeutung, die Gelingensbedingungen für die Berufliche Orientierung genau zu analysieren und konkrete Maßnahmen zu identifizieren, um diesen Anforderungen gerecht zu werden.

Meine nachfolgenden Gedanken widmen sich den Gelingensbedingungen für eine effektive Berufliche Orientierung aus meiner persönlichen Sicht.

  1. Soziale Kompetenzen stärken:

Ein alter Hut? Ja stimmt, dennoch: In der heutigen Zeit wird immer deutlicher, dass viele Jugendliche Schwierigkeiten mit sozialen Kompetenzen haben. Es mangelt an Werten wie Verantwortung, Fairness und Zusammenarbeit. Eine „Ich-ich-ich-Gesellschaft“ scheint sich zu manifestieren. Besonders in benachteiligten Schichten fehlt es an Unterstützung. Eine individuelle Betreuung und Begleitung ist unerlässlich, um Jugendlichen zu helfen, in der Berufs- und Arbeitswelt klarzukommen.

Es ist daher dringend erforderlich, Programme zur Stärkung sozialer Kompetenzen in Schulen zu implementieren. Diese Programme sollten nicht nur auf theoretischem Wissen basieren, sondern praktische Übungen und Erfahrungen einschließen. Zudem ist es wichtig, Lehrkräfte und andere Betreuungspersonen entsprechend zu schulen, um Jugendlichen besser dabei helfen zu können, soziale Fähigkeiten zu entwickeln.

  1. Individualisierung der Beruflichen Orientierung:

Während standardisierte Elemente in der Beruflichen Orientierung einen gewissen Rahmen bieten können, ist es entscheidend, dass diese nicht als starre Vorgaben betrachtet werden. Jeder Jugendliche hat individuelle Stärken, Interessen und Bedürfnisse, die berücksichtigt werden müssen.

Es ist notwendig, die Berufliche Orientierung zu individualisieren und maßgeschneiderte Programme anzubieten, die auf die persönlichen Bedürfnisse und Ziele der Jugendlichen zugeschnitten sind. Dies kann bedeuten, dass Standardelemente als Optionen angeboten werden, anstatt als verpflichtende Schritte. Dadurch wird den Jugendlichen mehr Freiheit und Motivation gegeben, sich mit ihrer beruflichen Zukunft auseinanderzusetzen.

  1. Externe Begleitung und Unterstützung:

Schulen allein können oft nicht ausreichend wirksame Programme zur Beruflichen Orientierung anbieten. Externe Organisationen und Kompetenzzentren können eine wertvolle Ergänzung sein, um Jugendlichen, aber auch Lehrkräften und Eltern zusätzliche Unterstützung und Orientierung zu bieten.

Eltern, Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler benötigen verstärkt externe Begleitung und Unterstützung. Diese Organisationen können maßgeschneiderte Programme entwickeln und umsetzen, die auf die lokalen Bedürfnisse und Herausforderungen zugeschnitten sind. Dabei ist es wichtig, dass diese Programme nicht nur einmalig, sondern kontinuierlich und flexibel angeboten werden, um den individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden.

  1. Früher Beginn der Beruflichen Orientierung:

Die Berufliche Orientierung sollte nicht erst in den höheren Schuljahren beginnen, sondern bereits in frühen Schuljahren, idealerweise ab der 5. Klasse. Frühe Orientierung ermöglicht es den Jugendlichen, ihre Interessen und Stärken frühzeitig zu erkunden und eine fundierte Entscheidung über ihre berufliche Zukunft zu treffen.

Frühe Orientierung sollte spielerisch erfolgen, um den Schülern eine positive Erfahrung zu ermöglichen und sie für die späteren Schritte in der Beruflichen Orientierung zu motivieren. Dabei können verschiedene Aktivitäten, Projekte und Exkursionen eingesetzt werden, um den Schülern vielfältige Einblicke in verschiedene Berufsfelder zu ermöglichen.

  1. Praxisphasen und externe Unterstützung:

Praxiserfahrungen sind von entscheidender Bedeutung für die Berufliche Orientierung, da sie den Jugendlichen helfen, ihre entdeckten Stärken in der realen Arbeitswelt zu erproben. Allerdings darf die Verantwortung nicht allein den Unternehmen überlassen werden, solche Praxisphasen anzubieten.

Externe Organisationen wie zdi’s oder Schülerlabore können wichtige Partner sein, um Jugendlichen Praxisphasen zu ermöglichen und sie auf die Anforderungen der Arbeitswelt vorzubereiten. Diese Organisationen sollten über Expertise und Kontakte in der Wirtschaft verfügen, um den Jugendlichen relevante Einblicke und Unterstützung zu bieten.

  1. Einbeziehung verschiedener Akteure:

Die Berufliche Orientierung sollte nicht nur auf die Schulen beschränkt sein, sondern auch andere wichtige Akteure wie Eltern, Freunde und Lehrkräfte einbeziehen. Diese Akteure spielen eine wichtige Rolle im Berufsfindungsprozess der Jugendlichen und sollten proaktiv unterstützt werden.

Es ist wichtig, verschiedene Informations- und Unterstützungsangebote bereitzustellen, die diese Akteure erreichen und ihnen helfen, die Jugendlichen bestmöglich zu unterstützen. Dazu gehören Informationsveranstaltungen, Workshops, Online-Ressourcen und persönliche Beratungsgespräche.

  1. Koordinierung und lokale Bildungslandschaft:

Die Koordinierung der Berufsorientierung auf lokaler Ebene ist entscheidend, um sicherzustellen, dass alle relevanten Akteure zusammenarbeiten und sich ergänzen. Kommunale Koordinierungen sollten daher nicht nur koordinieren, sondern auch aktiv in die Entwicklung und Umsetzung von Lösungen eingreifen.

Durch eine enge Zusammenarbeit mit verschiedenen lokalen Organisationen und Einrichtungen können bedarfsgerechte Angebote geschaffen werden, die die Berufliche Orientierung verbessern und die Übergänge zwischen Schule und Arbeitswelt erleichtern. Dabei ist es wichtig, dass die Koordinierungsstellen die lokalen Bedürfnisse und Herausforderungen genau kennen und entsprechend handeln.

Zusammenfassung und Fazit:

Die Berufliche Orientierung für Jugendliche ist von entscheidender Bedeutung für ihren erfolgreichen Übergang von der Schule in die Arbeitswelt. Angesichts der vielfältigen Herausforderungen und Defizite, denen viele Jugendliche gegenüberstehen, ist es unerlässlich, dass wir uns auf die Verbesserung der Gelingensbedingungen konzentrieren. Durch eine umfassende Herangehensweise, die verschiedene Aspekte berücksichtigt, können wir Jugendlichen eine solide Grundlage für ihre berufliche Zukunft bieten.

Die Stärkung sozialer Kompetenzen ist ein grundlegender Schritt, um Jugendliche auf die Anforderungen der Arbeitswelt vorzubereiten. Programme zur Förderung von Werten wie Verantwortung, Fairness und Zusammenarbeit sollten in Schulen implementiert werden, um den Jugendlichen die notwendigen Fähigkeiten zu vermitteln, um erfolgreich in der Arbeitswelt zu agieren.

Die Individualisierung der Beruflichen Orientierung ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Jugendliche haben individuelle Stärken, Interessen und Bedürfnisse, die bei der Planung ihrer beruflichen Zukunft berücksichtigt werden müssen. Standardisierte Elemente sollten daher als Optionen angeboten werden, anstatt als verpflichtende Schritte, um den Jugendlichen mehr Freiheit und Motivation zu geben, sich mit ihrer beruflichen Zukunft auseinanderzusetzen.

Externe Begleitung und Unterstützung sind unerlässlich, um Jugendlichen eine ganzheitliche Unterstützung und Orientierung zu bieten. Schulen allein können oft nicht ausreichend wirksame Programme zur Beruflichen Orientierung anbieten, daher ist es wichtig, dass externe Organisationen und Kompetenzzentren eingebunden werden, um maßgeschneiderte Programme anzubieten, die den individuellen Bedürfnissen gerecht werden.

Ein früher Beginn der Beruflichen Orientierung, idealerweise bereits ab der 5. Klasse, ermöglicht es Jugendlichen, frühzeitig ihre Interessen und Stärken zu erkunden und fundierte Entscheidungen über ihre berufliche Zukunft zu treffen. Durch spielerische Ansätze können positive Erfahrungen geschaffen und die Motivation der Jugendlichen gesteigert werden.

Praxisphasen und externe Unterstützung sind entscheidend, um Jugendlichen praktische Einblicke in die Arbeitswelt zu ermöglichen und sie auf die Anforderungen der Arbeitswelt vorzubereiten. Externe Organisationen können wichtige Partner sein, um Jugendlichen Praxiserfahrungen zu ermöglichen und sie auf die Arbeitswelt vorzubereiten.

Die Einbeziehung verschiedener Akteure wie Eltern, Freunde und Lehrkräfte ist ebenfalls von großer Bedeutung. Diese Akteure spielen eine wichtige Rolle im Berufsfindungsprozess der Jugendlichen und sollten proaktiv unterstützt werden.

Die Koordinierung der Berufsorientierung auf lokaler Ebene ist entscheidend, um sicherzustellen, dass alle relevanten Akteure zusammenarbeiten und sich ergänzen. Kommunale Koordinierungen sollten daher nicht nur koordinieren, sondern auch aktiv in die Entwicklung und Umsetzung von Lösungen eingreifen.

Insgesamt erfordert die Verbesserung der Beruflichen Orientierung eine gemeinsame Anstrengung von Schulen, externen Organisationen, Eltern und anderen wichtigen Akteuren. Nur durch eine ganzheitliche Herangehensweise können wir Jugendlichen eine solide Grundlage für ihre berufliche Zukunft bieten und sie dabei unterstützen, ihre Potenziale voll auszuschöpfen.

Christoph Sochart,
im März 2024

53 Kommunale Koordinierungsstellen setzen in Nordrhein­Westfalen die Lan­desinitiative „Kein Abschluss ohne Anschluss“ eigenverantwortlich um. Sie haben in den zehn Jahren, die die Landesinitiative nun existiert, unterschied­ liche Erfahrungen mit Maßnahmen am Übergang Schule – Beruf gesammelt und kreative und innovative Formate entwickelt. Und auch ein Transfer von Ideen, Maßnahmen und Tools findet von Kommune zu Kommune statt. Ein ak­tuelles Beispiel hierfür ist der Bildungswegenavigator, oder kurz BIWENAV, den ursprünglich die Kommunale Koordinierung der Landeshauptstadt Düs­seldorf entwickelt hat.

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Was sind unsere Ziel der Beruflichen Orientierung an Schulen? Nun, in erster Linie wollen unsere Initiativen auf die Arbeits- und Berufswelt, also auf die Ausbildung vorbereiten. Zudem gilt, die Matchingprozesse Schülerin/Schüler/Unternehmen zu stärken und Übergänge zu optimieren. Wir wollen Ausbildungsabbrüche vermeiden helfen und Transparenz schaffen im „Dschungel“ der Projekte und Maßnahmen. Aber, wir stellen uns immer wieder auch die Frage, wie hoch der Grad der operativen Berufsorientierungsarbeit einer Lehrkraft sein sollte.

Die offizielle Antwort in NRW würde vermutlich lauten: „hoch! Neben dem Berufsberater an der Schule ist die Lehrkraft DER Ansprechpartner in der Schule.“ Die Realität sieht aber anders aus, ausgenommen die/der Studien- und Berufswahlkoordinator/in fühlen sich nicht alle Lehrkräfte dazu berufen, der Hauptansprechpartner für diese Themen zu sein. Das kann man gut testen. Gehen Sie mal in ein Lehrer/innen-Zimmer und fragen Sie mal danach, was ein „Portfolioinstrument“ ist, wofür die Abkürzung „StuBo“ steht oder was ein „BOB“ ist. Sie werden vermutlich in ratlose Gesichter schauen.

Meine über 30jährige Erfahrung sagt mir, dass eine Lehrkraft sehr entscheidend ist als „Bewertung- und Entscheidungshilfe“. Als Begleiter/in der Phase der beruflichen Orientierung. Aber, eine Lehrkraft kann kaum in diesem Bereich operativ tätig sein, weil dafür die Ressourcen fehlen. Dafür gibt es in unseren Städten und Regionen hervorragende Expertenteams, perfekte Netzwerke mit externen Partnern, beispielsweise Unternehmen, die Organisationen der Wirtschaft, Stiftung mit dem Themenschwerpunkt Studien- und Berufsorientierung. Bewährt haben sich auch Initiativen wie Lernpartnerschaften, „Wirtschaft Pro Schule“ und die Ausbildungsbotschafter.

Kurzum: die Lehrkraft sollte sich darauf konzentrieren,  ihre Fächer zu unterrichten, interessante Initiative an der Schule zu initiieren undim Prozess der beruflichen Orientierung ein/e Mentorin, ein/e Begleiterin und ein/e Unterstützer/in zu sein. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.

Christoph Sochart

Mehr als ein Trend? Das neue Thema „Service-Learning – Lernen durch Engagement (LdE)“ nimmt immer mehr Fahrt auf. Es handelt sich um ein „zusätzliches“ Angebot von Schulen und verbindet gesellschaftliches Engagement mit fachlichem Lernen. Beispiel: Kinder und Jugendliche setzen gemeinnützige Projekte mit Engagementpartner in Stadtteil oder Gemeinde um und werden aktiv für soziale, ökologische, politische oder kulturelle Themen, die sie bewegen. Sie tun etwas für andere Menschen und für die Gesellschaft und sammeln bei ihrem Engagement demokratische Erfahrungen. Sie engagieren sich aber nicht losgelöst von oder zusätzlich zur Schule, sondern als Teil von Unterricht und eng verbunden mit dem fachlichen Lernen. Das Engagement wird im Unterricht gemeinsam geplant, die Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler werden reflektiert und mit Inhalten der Bildungspläne verknüpft. Grundsätzlich und direkt hat LdE wenig mit dem Prozess der Beruflichen Orientierung zu tun, mag man denken. Professor Thorsten Bührmann, einer der anerkanntesten Experten für Berufliche Orientierung in Deutschland, klärt aber jetzt in einem Gespräch die Hintergründe auf. Dieses Interview empfehlen wir an dieser Stelle unter servicelearing.de

Von Renate Kiszkiel

Messen, betriebliche Berufsfelderkundungen, Potenzialanalysen bei Trägern, Praktika in Betrieben und Hochschulen – das sind alles wichtige Formate einer umfassenden Beruflichen Orientierung. Es sind allerdings auch alles Formate, die von dem aktiven Erfahren von Situationen, Inhalten und dem direkten Kontakt zu Menschen leben. Berufliche Orientierung bedeutet Begreifen mit all seinen Facetten, und dass all dies zweidimensional über den Bildschirm nur bedingt erfahrbar ist, ist uns als Team der Beruflichen Orientierung in Düsseldorf schnell bewusst geworden.

Dennoch mussten wir uns im Feld der Beruflichen Orientierung fragen, wie wir es in Corona-Zeiten schaffen, Wege zu finden, ohne zu überfordern, in denen Schüler*innen, Lehrkräfte aber auch Betriebe an dem Thema der Beruflichen Orientierung dranbleiben. Denn die Pandemie trifft junge Menschen in einer empfindlichen Phase ihres Lebenslaufs, in der sie gerade dabei sind, sich selbst zu finden und ihre Position für eine künftige Ausbildung oder ein Studium aufzubauen. 

In dieser Zeit legten wir sehr viel Wert darauf, mit allen beteiligten Partnern und Schulen im Gespräch zu bleiben: Wir befragten Lehrkräfte, wie der Distanzunterricht funktioniert, wie es den Jugendlichen geht und wie wir sie im Bereich der Beruflichen Orientierung unterstützen und entlasten können. Wir versuchten Betriebe nicht mit Anfragen aus der Beruflichen Orientierung zu überlasten, sie aber gleichzeitig zu motivieren, trotz der schwierigen Situation mit uns im Gespräch zu bleiben und neue Formate zu entwickeln. Wir versuchten gemeinsam mit den Partnern der Beruflichen Orientierung in unserer Stadt, digitale Formate zu entwickeln und uns dabei aufeinander abgestimmt und individuell weiterzuentwickeln.

Eines war uns dabei aber stets klar: Noch viel stärker als zuvor mussten ganzheitliche Berufliche Orientierungsprojekte entstehen, die die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen in unterschiedlichster Weise aufgreifen und dabei gleichzeitig Berufliche Orientierung wieder in den Fokus aller Beteiligten rücken. Denn neben der für alle Menschen belastenden Situation machten Schüler*innen auch weiterhin Abschlüsse und mussten sich um eine zu ihnen passende Anschlussperspektive kümmern.

In Düsseldorf hat sich hierfür die Kommunalen Koordinierung und das Kompetenzzentrum Berufliche Orientierung mit verschiedenen Formaten auf den Weg gemacht.

Digitale Visualisierungen nutzen, um komplexe Inhalte überschaubarer zu machen – Padlets als „Rund-um-Waffe“

Das Arbeiten mit Padlets hat viele Vorteile: Padlets ermöglichen ein gemeinsames und simultanes Arbeiten mit Kolleg*innen, sie sind übersichtlich durch ihre Modulstruktur und Inhalte können schnell und einfach verlinkt werden. Wir nutzen dieses Tool für unsere Arbeitskreise mit den StuBos der unterschiedlichen Schulformen, als Methodentool für Lehrkräfte, die ein Ersatzprogramm für Schüler*innen, die keinen Praktikumsplatz gefunden haben, organisieren müssen, und als Einblick für Schüler*innen in verschiedene Berufsfelder.

Padlet des Arbeitskreises der Gesamtschulen: https://padlet.com/kaoadus/ilnd4gwjganhipd3

Virtuelles Praktikum als Ersatzprogramm an Schule: https://www.kommunale-koordinierung.com/digitale-angebote/digitale-unterrichtsideen/virtuelle-praktika/

17 virtuelle Padlets für Berufsfelderkundungen oder Praktikum: https://www.kommunale-koordinierung.com/digitale-angebote/digitale-unterrichtsideen/berufsfelderkundung-virtuell/

Padlet für Studieninteressierte: https://www.kommunale-koordinierung.com/digitale-angebote/digitale-unterrichtsideen/berufsfelderkundung-virtuell/

Arbeitskreise digital durchführen – dranbleiben und hören, wo Herausforderungen liegen

Für einen regelmäßigen Austausch mit unseren Lehrkräften und die Weiterentwicklung unserer Projekte führten wir Arbeitskreise mit den unterschiedlichen Schulformen digital über MS Teams durch. Raum für Austausch wurde in diesen Zeiten wichtiger denn je, denn die Corona-Situation hat Lehrkräfte vor besondere Herausforderungen gestellt. Auch das Einfinden in den „normalen Schulalltag“ birgt noch Hürden. Wichtige Rückmeldungen aus diesen Treffen, wie z.B. dass Schüler*innen immer noch sehr viele Absagen für Praktika erhalten, können wir als Team aus erster Hand aufnehmen und im Austausch mit Betrieben und Unternehmen wieder aufgreifen.

Der BIWENAV – Bildungswegenavigator für Düsseldorf: nicht nur Wege sichtbar machen, sondern auch Unterstützungsmöglichkeiten aufzeigen und damit auf gesellschaftliche Herausforderungen reagieren

Der Ausfall einiger analoger Projekte verschaffte uns als Team Zeit, sich einem größeren digitalen Projekt zuzuwenden: dem Bildungswegenavigator für Düsseldorf. Nicht nur hatte der bisherige Navigator einen Relaunch in verschiedenen Bereichen seiner Funktionalität nötig, wir erkannten in der Neuaufsetzung auch die Möglichkeit, durch eine verbesserte Usability Schüler*innen gerade in dieser für sie schwierigen Zeit zu motivieren, sich mit ihrer Zukunft auseinanderzusetzen. Mit einer ermutigenden, zielgruppengerechten Ansprache, der Ergänzung vieler aktueller Online-Beratungs-Angebote und einem auch mobil nutzbarem Format konnten wir so nicht nur mögliche Bildungswege in Düsseldorf sichtbarer machen, sondern auch auf Ängste und Sorgen der Jugendlichen im Bereich des Übergangs eingehen und ihnen mögliche Hilfestellungen anbieten.

www.biwenav.de

Der BIWENAV ist ab Herbst 2021 übrigens auch in den Städten Wuppertal, Remscheid und Oberhausen verfügbar!

Einen realistischen und vielfältigen Einblick in die Möglichkeiten eines Studiums schaffen  das DIGI-DOP in Düsseldorf

Das einwöchige DIGI-DOP ermöglicht Düsseldorfer Schüler*innen auch in Corona-Zeiten, einen Einblick in den Studienalltag zu erhalten und verschiedene Studiengänge live zu erleben. Zusätzlich dazu lernen sie verschiedene Duale Studiengänge und Unternehmen aus der Region kennen. Grundlage für das DIGI-DOP ist eine passwortgeschützte Lernplattform für alle Düsseldorfer Gymnasien. Hier können sich die Schüler*innen anmelden und sich im Anschluss aus der Vielzahl an den von den Düsseldorfer Hochschulen und lokal ansässigen Arbeitgeber*innen angebotenen Veranstaltungen einen individuellen Stundenplan zusammenstellen. Einführungs- und Abschlussveranstaltungen, Arbeitsmaterialien zur Berufs- und Studienorientierung und ein Quiz ergänzen das Angebot der DiGi-DOP-Woche. So ist es den Schüler*innen möglich, sich trotz der pandemiebedingen Einschränkungen einen umfangreichen Überblick über die Düsseldorfer Hochschulen und deren Studienmöglichkeiten zu machen. 

Die digitale Version bietet den Vorteil, dass nun auch Fachbereiche und Hochschulen mit dabei sind, die vormals aus kapazitären Gründen keine Schnupperstudientage für Jugendliche anbieten konnten.

https://digi-dop.de/

Die Düsseldorfer Adventure-School – Vor-Ort-Erlebnisse in den Ferienzeiten

Trotz der vielfältigen Umstellung auf digitale Formate zeigte sich jedoch auch, dass den Jugendlichen durch die lange Zeit des Distanz- und Wechselunterrichts nicht nur Lernzeiten, sondern auch spannende und anregende Vor-Ort-Erlebnisse mit Gleichaltrigen fehlten. Das Amt für Schule und Bildung der Landeshauptstadt Düsseldorf hat daher in kürzester Zeit ein umfassendes, kostenfreies Ferienprogramm für alle Klassenstufen zusammengestellt.

Die Schülerinnen und Schüler der Klassen 1– 13 konnten dabei aus einer Vielzahl an Workshops auswählen: Von MINT-Angeboten wie App-Entwicklung, Musikprogrammierung und 3D-Druck über Kurse zur Berufsorientierung, zur Entdeckung der eigenen Stärken und zum Handwerk bis hin zu Film, Theater & Social Media war für jede*n etwas dabei. Förderkurse in verschiedenen Hauptfächern und für Deutsch als Fremdsprache rundeten das Programm ab.

Im Mittelpunkt stand dabei jedoch nicht nur das Lernen, sondern auch die soziale Komponente: Gleichaltrige treffen und mit Spaß und Freude gemeinsam Interessen ausleben und Neues ausprobieren. Insgesamt nahmen 2.000 Schülerinnen und Schüler an den insgesamt über 120 Workshops teil.

https://www.adventure-school.de

Was bleibt? Das werden wir sehen.

Durch Corona wurde die Digitalisierung in der Beruflichen Orientierung an vielen Stellen schneller vorangetrieben als es sonst der Fall gewesen wäre. Dabei war und ist es immer wieder notwendig, sich auf verschiedenen Ebenen zu vergewissern, was digital funktioniert und welche Dinge analog bleiben müssen. Vieles was wir ausschließlich digital entwickelt haben, kann in Zukunft in ein hybrides Angebot weiterentwickelt werden – so können sich digitale und analoge Angebote an vielen Stellen ergänzen und bereichern. 

In Deutschland gibt es immer noch einen engen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg, das geht auch aus der heute erschienen OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“ hervor. Zwar beleuchtet die Studie im Wesentlichen die Situation vor der Pandemie – allerdings ist längst klar, dass Corona die Bildungsgerechtigkeit vor riesige Herausforderungen stellt. Kinder, die aus sozial benachteiligten Familien stammen, haben große Nachteile beim Distanzunterricht: Es fehlen eigene Computer und die Unterstützung der Eltern. Auch ein Migrationshintergrund gilt als Risikofaktor. Die Coronakrise dürfte damit Bildungsungerechtigkeiten verschärft haben.

Schüler verlernen lesen und rechnen

Hinzu kommt: In den vergangenen Monaten war es auch vom Wohnort abhängig, wieviel Präsenzunterricht stattfinden konnte. Der IW-Bildungsmonitor 2021 zeigt, dass die einzelnen Regionen teilweise sehr unterschiedlich von Schulschließungen betroffen waren. So waren durch die Bundesnotbremse in einzelnen Kreisen die Schulen fünf Wochen länger geschlossen als in anderen Kreisen.

Zudem wurde der Unterrichtsausfall unterschiedlich gut kompensiert: Rund 18 Prozent der Lehrer gaben an, dass bei fast allen ihrer Schülerinnen und Schüler Lernrückstände durch die Corona-Krise entstanden sind. 31 Prozent sagen, dass dies bei mehr als der Hälfte der Fall ist. Dabei haben gerade Lehrer in ärmeren Stadtteilen besonders große Lernrückstände festgestellt. Aktuelle Lernstandserhebungen bei Drittklässlern aus Hamburg zeigen, dass die Schulschließungen dazu geführt haben, dass viele Schüler weniger gut lesen und rechnen können. Insbesondere in Schulen in einer schwierigen sozialen Region ist der Anteil der lernschwachen Kinder und Jugendlichen angestiegen. Diese Kinder und Jugendlichen benötigen nun dringend besondere Unterstützung.

Mehr Unterricht, mehr Personal

Die erste dringende Maßnahme: Lernstandserhebungen in allen Bundesländern und in allen Jahrgängen. Basierend auf diesen Ergebnissen können dann zielgenauer Aufholprogramme für Schülerinnen und Schüler aufgesetzt werden. Diese könnten aus zusätzlichem Unterricht am Nachmittag, Samstagen und in den Ferien bestehen. Wichtig ist, dass diese Maßnahmen schnell greifen, damit sich die Lernlücken mit dem Start des neuen Schuljahres nicht noch weiter vergrößern. Gleichzeitig fehlt aber auch zusätzliches Personal: Hier könnte die Politik Lehramtsstudierenden oder pensionierte Lehrkräfte anwerben.

Zudem sollte die Digitalisierung weiter vorangebracht und die Infrastruktur an den Schulen weiter ausgebaut werden, beispielsweise in Form von hochwertigen Ganztagsangeboten mit multiprofessionellem Personal. Die Schulen könnten zu Familienzentren ausgebaut und die Ganztagsangebote dazu genutzt werden, insbesondere Kinder und Jugendliche mit Lernschwierigkeiten noch umfangreicher zu fördern. Insgesamt sind jährlich etwa 16 bis 17 Milliarden Euro dafür notwendig.

Quelle: IW Köln

Während in Berlin die möglichen Koalierenden hinter verschlossenen Türen (nur hin und wieder gibts ein Insta-Foto) diskutieren und den neuen Kanzler oder die neue Kanzlerin verhandeln, bringen sich in Düsseldorf die Laschet-Nachfolger in Stellung. Insider behaupten, dass Verkehrsminister Hendrik Wüst die grössten Chancen habe. Interesse zeigen aber auch Heimatminister Ina Scharrenbach und wohl auch Innenminister Herbert Reul. Ein Landtagsmandat hat aber nur Wüst, der in Rhede zur Grundschule ging und später im benachbarten Bocholt sein Abi baute. Und ein solches Mandat braucht man, um Ministerpräsident/in in NRW zu werden.

Aus unserer Sicht sind allerdings andere Dinge wichtiger: die Themen. Welche Themen werden im Landtagswahlkampf, der in diesen Stunden beginnt, wichtig? Die Klima- und Energiewende, natürlich. Ein sehr schwieriges Thema in NRW, wenn man beispielsweise an die Kumpels in der Braunkohle denkt. Das zweite Thema ist die Digitalisierung. Hier kommt NRW voran, wenn ich aber bedenke, an wie vielen Stellen ich noch nicht einmal „einen Balken habe“, dann wissen wir, was die Unternehmen brauchen, um auf eine vernünftige Infrastruktur bauen zu können.

Ein drittes Thema wird die Bildung sein. Informierte Zungen behaupten, damit hätte Armin Laschet damals die Wahl gewonnen. Wie dem auch sei: die Baustellen sind in diesem Bereich vielleicht die größten. Die Digitalisierung der Schulen kommt nur schleppend voran, die Digitalisierung von Unterricht noch weniger. Letzteres wird nicht bedeuten, jeden Unterricht und alles Wissen zu digitalisieren, sondern dies schlau zu tun. Bildungsexperte Dr. Albert Wunsch sagte unlängst in unserem Podcast „Düsseldorfer Wirtschaft“ sinngemäß, es käme nicht darauf an, alles auf Biegen und Brechen zu digitalisieren. Schließlich wäre der analoge Unterricht sowieso der Beste. Wo man aber sinnvoll digitales Lernen einführen sollte, da könne man dies auch tun. Wichtig aber wäre es, den digitalen Unterricht von Menschen her zu denken, denn die Kernpunkte des Menschen seien analog. So müsse man schlußfolgern, digitales Lernen vom analogen Menschen her zu denken, sagte Wunsch.

In diesem Punkt können wir Herrn Wunsch zumindest in Teilen folgen. Berufsorientierung, unser Steckenpferd, funktioniert oft besser, wenn sie analog durchgeführt wird. Allerdings haben wir auch gute Erfahrungen mit digitalen Formaten gemacht. Nicht nur quantitativ, wenn wir teilweise 2.000 Schüler in einem Projekt betreuen durften. Sondern auch qualitativ, wenn wir bzw. die Befragten die Wirkungsweise unserer hybriden Formate bewerten. Aber, wir haben auch die Erfahrung gemacht, das manche Formate digital nicht funktionierten, vor allem wenn wir an Brennpunktschulen unterwegs waren.

Ein weiterer Punkt sind die Lehrerinnen und Lehrer, die immer weniger werden. Schon heute können viele Stellen nicht mehr besetzt werden, von der Grundschule bis zur Berufsschule. Fachlehrer und auch Schulleiter. Die größten Lücken gibt es dabei in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Die Absolventen dieser Fächer gehen später lieber in die Wirtschaft als in die Schule. Dies wiederum kann viele Gründe haben, wobei die Bezahlung nicht unbedingt der entscheidende Maßstab ist. Vielleicht eher der Punkt, dass Lehrkräfte heute nicht nur unterrichten müssen. Gleichzeitig sind sie Erzieher, Therapeuten, Motivierer. Also, im besten Falle. Das Lehrer dies nicht immer sind bzw. nicht immer sein können, wissen wir auch.

Es gibt also wirklich viel zu tun für die neue Ministerpräsidentin bzw. den neuen Ministerpräsidenten. Mit dem Thema „Bildung“ haben die oben Genannten teilweise wenig zu tun. Interesse zeigt zumindest Ina Scharrenbach, die die Girls + Boys Academy ins Leben rief. Ein Projekt, dass unter Corona allerdings sehr litt und in nahezu allen Projektregionen zum Erliegen kam. Lediglich in Düsseldorf und Gelsenkirchen wurde weitergearbeitet. Es soll an dieser Stelle nicht nach Eigenlob riechen, aber es sind die Projektregionen unserer Stiftung.

Warum wir so erfolgreich sind? Auf der einen Seite liegt es gewiss daran, dass wir zunächst mehrere Monate an einem wirkungsvollen Konzept gearbeitet hatten, bevor wir Schulen aquirierten und Probeballons starteten. Nach Bewertung, Evaluierung und kleinen Änderungen konnten wir dann an beiden Standorten in Serie gehen. An zweiter Stelle muss man aber auch die sehr engagierte Projektreferentin nennen, die im Projektzeitraum schon mehrfach von Schulen abgeworben werden sollte, aber standhaft und uns treu blieb. Und an dritter Stelle sollten die Sponsoren genannt werden: die Agenturen für Arbeit in Düsseldorf und Gelsenkirchen sowie die Stadt Gelsenkirchen und die Landeshauptstadt Düsseldorf. An vierter Stelle steht das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung, dass die Projektregionen vernetzte und die Projekte vor Ort mit ihren ideellen Möglichkeiten begleitete.

Also, während in Berlin die Verhandlungen laufen, werden in Düsseldorf Namen und Themen diskutiert. Man möge den Beteiligten zu rufen: … und vergesst die Bildung nicht! In diesem Sinne beobachten wir, wie es in Düsseldorf und NRW weitergehen kann.

Geschlossene Schulen, Wechselunterricht: Deutschland ist bei einem neuen OECD-Bildungsvergleich zu Beeinträchtigungen des Schulbetriebs während der Corona-Pandemie auf dem vorletzten Platz gelandet. Das Versäumte wieder aufzuholen, sei eine der größten Herausforderungen im deutschen Bildungssystem, sagte OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher am Donnerstag bei der Vorstellung der Studie.

Link: https://www.spiegel.de/panorama/bildung/oecd-studie-so-steht-es-um-das-deutsche-bildungssystem-a-3838f5ca-8225-410d-8d0a-bec9b5d3e852

Während der pandemiebedingten Schulschließungen konnten Kinder mit Förderbedarf schlechter lernen als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler. Bestehende Benachteiligungen wurden so weiter verschärft, sagt das RWI-Leibnitz-Institut der Wirtschaftsforschung. Teilweise haben wir diese Erfahrung auch in der Beruflichen Orientierung gemacht. Seit Corona führen wir analoge und virtuelle Angebote für Schülerinnen und Schüler durch. Programme in Brennpunktschulen allerdings bewähren sich bei uns fast ausnahmslos nur analog – auch weil es immer noch Schülerinnen und Schüler gibt, die weder über einen PC, noch über ein Smartphone verfügen.

Inklusiv beschulte Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedarfen haben während der Schulschließungen im Frühjahr 2020 ungünstigere Lernbedingungen erlebt als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler ohne solche besonderen Bedarfe. Gleichzeitig aber haben die Kinder, unabhängig von Förderbedarfen, die Zeit der Schulschließung sehr unterschiedlich wahrgenommen. Das geht aus der Auswertung einer Befragung von fast 2.000 Kindern der Klassenstufen 7 und 8 hervor. Die Befragung wurde als Teil der schulbezogenen Inklusionsstudie INSIDE durchgeführt, die unter anderem am Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi) beheimatet ist.

Die Bedingungen für das Lernen zuhause während der ersten Schulschließung waren für Schülerinnen und Schüler von ganz unterschiedlichen Voraussetzungen geprägt. Inzwischen herrscht Einigkeit darüber, dass sich bestehende Benachteiligungen durch die Schulschließungen weiter verschärft haben. Eine Gruppe ist dabei besonders betroffen, jedoch weitgehend aus dem Blickfeld geraten: Zur Situation von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischen Förderbedarfen liegen bislang nur wenig empirische Befunde vor. Diese Lücke will das Projekt INSIDE (Inklusion in und nach der Sekundarstufe) verringern. Die Forscherinnen Dr. Cornelia Gresch von der Humboldt-Universität zu Berlin und Dr. Monja Schmitt vom LIfBi in Bamberg gehen in einer aktuellen Auswertung der Frage nach, welche Unterschiede es während der Schulschließungen im Frühjahr 2020 beim Lernen und Wohlbefinden zwischen Schulkindern mit und ohne Förderbedarfe gab. Die Daten dafür liefern Selbsteinschätzungen von 1.939 Kindern, die im Rahmen der regulären Erhebungen der Langzeitstudie INSIDE im Herbst 2020 erfragt wurden. 13 Prozent dieser Kinder hatten sonderpädagogische Förderbedarfe.

Präsenzunterricht ermöglicht Teilhabe

Kinder mit sonderpädagogischen Förderbedarfen weisen zu Hause häufig eher ungünstige Lernvoraussetzungen auf. Für sie ist das Fehlen von Präsenzunterricht besonders folgenreich, denn die Teilhabe an Bildungsangeboten wird ihnen dadurch erschwert. Dazu kommt, dass das Lernen zuhause sich stark von den individualisierten Unterrichtsformaten unterscheidet, die diese Gruppe gewohnt ist: Sie benötigt mehr Motivation, mehr Begleitung und Aufmerksamkeit durch die Lehrkraft und umso mehr das Gefühl, in einer Gemeinschaft zu lernen – Faktoren, die beim Lernen zuhause im Frühjahr 2020 weitgehend weggefallen sind.

Kinder mit Förderbedarf lernten weniger

Wie auch aus anderen Befragungen zum Lernen zuhause während der Schulschließung hervorging, war die Zeitspanne, die Schülerinnen und Schüler mit schulischen Lerninhalten verbrachten, sehr unterschiedlich. Dieses Bild zeigt sich auch in der INSIDE-Befragung. Es gibt sowohl Kinder, die berichteten, in dieser Zeit deutlich weniger für die Schule gearbeitet zu haben, als auch solche, die einen viel größeren Zeitaufwand als zu normalen Schulzeiten angaben. Beim Vergleich der Gruppen mit und ohne Förderbedarfe zeigen sich statistisch bedeutsame Unterschiede. 18 Prozent der Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarfen gaben an, viel weniger gearbeitet zu haben. Bei den Mitschülerinnen und Mitschülern ohne Förderbedarfe machten diese Aussage nur 11 Prozent. Noch deutlicher wird dieser Unterschied bei der Frage, in welchem Umfang die Aufgaben bearbeitet wurden, die von der Schule zur Verfügung gestellt wurden. 17 Prozent der Kinder mit Förderbedarfen gaben hier „keine“ oder „wenig“ an (im Vergleich zu 8 Prozent bei der Gruppe ohne Förderbedarfe). Bei der Arbeitsumgebung ist auffällig, dass Kinder mit Förderbedarfen weniger oft einen Zugang zu Druckern hatte, aber häufiger von Personen berichteten, die auf die Erledigung der Aufgaben achteten.

Schulschließung beeinflusst auch Wohlbefinden

Die Forschenden fragten die Kinder auch, wie es ihnen während der ersten Schulschließung insgesamt gegangen ist. Die Antworten ergeben ein heterogenes Bild. Auffällig ist, dass Kinder mit Förderbedarfen signifikant häufiger extreme Empfindungen („überhaupt nicht gut“ oder „sehr gut“) angaben.

Insgesamt sehen die Forscherinnen Gresch und Schmitt Kinder mit sonderpädagogischen Förderbedarfen beim Lernen zuhause benachteiligt. „Sie hatten zusätzlich zu den bestehenden Herausforderungen teilweise ungünstigere Lernbedingungen und verbrachten auch weniger Zeit mit Lernen. Wir sehen hier die Befunde anderer Studien bestätigt, dass Ungleichheit durch fehlenden Präsenzunterricht weiter verstärkt wird“, so Cornelia Gresch.

Publikation

Gresch, C., Schmitt, M. (2021): Lernen und Wohlergehen von Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogische Förderbedarfe während der ersten Schulschließung 2020. (LIfBi Forschung kompakt No. 3). Leibniz-Institut für Bildungsverläufe. https://doi.org/10.5157/LIfBi:Bericht:03:INSIDE:1.0

Weitere Informationen und Kontakt

www.lifbi.de