Die rund 350 Ausbildungsberufe in Deutschland genießen ein sehr unterschiedliches Ansehen. Dies ist eigentlich keine neue Erkenntnis. In einem spannenden Report hat das Bundesinstitut für Berufsbildung BIBB noch einem die Hintergründe beleuchtet.

Im Grunde sollte die Suche nach der geeigneten Ausbildung der jungen Menschen die Neigungen und Talente im Blick behalten. Und wenn man in der Region bleiben möchte gewiss auch den lokalen Ausbildungsmarkt. Ausgewählt aber werden nach unseren Erfahrungen die Berufe nach Ansehen. Einkommen und Karrierechancen gestalten den Suchprozess, weniger die Frage: Was kann ich gut? Was mache ich am liebsten? Wofür brennt mein Herz?

Besonders hoch angesehen sind den Ergebnissen zufolge die Ausbildungsberufe Fachinformatiker, Mechatroniker, Industriekaufleuten, Elektroniker, Maler, Lackierer und Kaufleuten im Groß- und Außenhandel. Vergleichsweise weniger hoch angesehen sind Ausbildungsberufe wie Fachkraft für Lagerlogistik, Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk oder Koch.

Trotz eines großes Engagement von z.B. den Arbeitgeberverbänden, den Kammern, dem NRW- Programm „Kein Anschluss ohne Abschluss“ haben viele Betroffene, vor allem Eltern und Schüler, kaum Transparenz. Die Folge: Man bewirbt sich mit den bekanntesten Ausbildungsberufe bei den Großunternehmen. Eher unbekannte Berufe und eher unbekannte Klein- und mittelständische Unternehmen gehen in der Regel leer aus. Das ist schade, denn die Bewerber erhalten Absagen, die vermieden werden könnten. Oder sie brechen die Ausbildung oder das Studium ab, weil es doch nicht „ihr Ding“ ist. Sehr schade.

Für BIBB-Präsident Friedrich Hubert Esser kommt dem Ansehen von Berufen in der Gesellschaft in mehrfacher Hinsicht eine hohe Relevanz zu. „Das Image von Berufen spielt eine entscheidende Rolle bei der Berufsorientierung und Berufswahl, und es beeinflusst Stellenbesetzungsprozesse am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt, da Auszubildende und Erwerbstätige aufgrund ihres Berufes eine mehr oder weniger hohe soziale Anerkennung in der Gesellschaft erfahren. Wenn wir in Zukunft mehr Jugendliche vor allem für Berufe mit Besetzungsproblemen gewinnen wollen, müssen wir die Rahmenbedingungen dieser Berufe verbessern. Hierzu gehören neben guten Übernahmemöglichkeiten nach der Ausbildung in erster Linie sichere Beschäftigungsaussichten, gute Karriereperspektiven und ein angemessenes Einkommen.“

Schüler sollten sehr frühzeitig ihre Talente und Neigungen überprüfen, in NRW geschieht dies zum Beispiel mit der Potentialanalyse zu Beginn der 8. Klasse, Berufe recherchieren und dokumentieren im Berufswahlpass und natürlich Berufe und Berufsfelder kennenlernen. Im Rahmen von (in NRW) Berufsfelderkundungen und Praktika (auch freiwilligen). Dabei sieht man sehr schnell was einem liegt und was nicht. Und man lernt Ausbildungsberufe kennen.

Ich persönlich finde, dass es genug Möglichkeiten, Informationen und Chancen gibt. Allerdings müssen sich die Betroffenen diese Dinge auch (ab-) holen. Zu wenig werden Elternabende, Informationsabende, Berufsmessen und berufsorientierende Veranstaltungen genutzt. Aus diesem Grunde wurden und werden zum Beispiel die Berufsfindungsmesse „Berufe Live“ oder den „Tag der Technik“ in Düsseldorf eingestellt. Zuerst kamen die interessierten Schüler und Eltern nicht mehr – dann kamen auch die Betriebe nicht mehr. Vertane Chancen, um Transparenz zu schaffen.

Es bleibt zu hoffen, dass Eltern und Schüler sich besser informieren, vorhandene Informationsangebote nutzen und mit den zahlreichen Ansprechpartnern, lokal und Region, ins Gespräch kommen.

https://www.bibb.de/veroeffentlichungen/de/bwp/show/10191