Unsere Schulen sollen eigentlich digitaler werden. Schon vor Monaten wurden 5 Milliarden Euro zugesagt. Die Schulträger in den Ländern sollten zusätzlich mehr als 550 Millionen Euro beisteuern Dadurch sollen bis 2025 alle Schulen mit digitaler Infrastruktur versorgt, also auch an W-Lan-Netze angeschlossen, sein. Dies ist eine Voraussetzung, um die jüngst von der Landesregierung bewilligten digitalen Endgeräte für Lehrer und Schüler zuverlässig nutzen zu können.

Bislang aber ist kaum etwas bei den Schulen angekommen. Keine Lehrkraft hat bis heute einen Dienst-Laptop, kein Schüler einen Leih-Laptop. Der Schulgipfel im Kanzleramt sollte nun mehr Tempo in die überfällige Digitalisierung des Schulwesens gebracht – allerdings kaum ohne messbaren Erfolge.

Nur wieder viele Versprechen: Konkret sollen diese Lehrer-Laptops nun noch dieses Jahr gekauft werden können – der Bund schießt die nötigen 500 Millionen vor. Ebenfalls eine halbe Milliarde Euro gibt der Bund zusätzlich für IT-Administratoren in den Schulen. Insgesamt stellt der Bund (immer noch) 6,5 Milliarden Euro für die Digitalisierung bereit. Die Länder planen gemeinsame „Kompetenzzentren“, um die überfällige digitale Weiterbildung der Lehrer gemeinsam anzugehen.

Ernüchternd stellt Barbara Gillmann im Handelsblatt fest: „All das wird im Schuljahr 2020/21 natürlich noch nicht dazu führen, dass überall das „Homeschooling“ reibungslos funktioniert, wenn es wegen neuer Coronafälle nötig sein wird. (…) Mittelfristig ist allerdings sehr wohl mehr Geld im System nötig. Denn die Digitalisierung ist ein Dauerposten, Ausgaben für Geräte, Programme und Schulungen fallen immer wieder aufs Neue an. Unternehmen wissen das, die Bildungspolitiker müssen das noch lernen.“

Derweil plagen sich die Schulen mit anderen Schwierigkeiten: rund 7.000 Schüler in NRW befinden sich in Quarantäne. Was bedeutet das? Eine oder zwei Klassen einer Schule sind zwei Wochen nicht in der Schule. Die Lehrkräfte sind ebenfalls in Quarantäne oder müssen die anderen Schüler weiterhin analog beschulen. „Homeschooling“ ist so natürlich kaum möglich – die nächste Baustelle.

Fazit: die Reaktionen auf den Schulgipfel fallen harsch aus. „Die Lehrer sind zerrissen zwischen Idealbild und Wirklichkeit“, sagt Stefan Behlau, Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung. Die Kollegen seien am Limit. Dabei drängt die Zeit – wir brauchen dringend schnelle und effektive Lösungen.

Es herrscht Einigkeit bei Eltern und Unternehmensentscheidern: Die Digitalisierung wird die Arbeitswelt nicht nur einschneidend verändern, es werden auch ganz neue Kompetenzen gefragt sein.

In einer vom gemeinnützigen Förderprogramm „Studienkompass“ beauftragten repräsentativen Umfrage* geben 85 Prozent der befragten Unternehmensentscheider an, dass in den nächsten 25 Jahren große Veränderungen auf die Arbeitswelt und die Berufseinsteiger zukommen. Über 90 Prozent der Eltern gehen davon aus, dass diese Veränderungen große Auswirkungen für die berufliche Zukunft ihrer Kinder haben werden. Wie man Jugendliche hierfür stärken kann und sich besonders für Chancengerechtigkeit einsetzt, zeigt der Studienkompass nicht nur in der Arbeit mit seinen Geförderten, sondern auch in einer neuen Publikation.

Der „Studienkompass“ setzt sich seit mehr als 13 Jahren erfolgreich für mehr Chancengerechtigkeit am Übergang von der Schule an die Hochschule und in den Beruf ein. Bundesweit wurden bereits mehr als 4.000 Jugendliche mit einer dreijährigen Förderung unterstützt, die aus nichtakademischen Familien kommen und an Hochschulen immer noch stark unterrepräsentiert sind. Die Veränderungen und neuen Herausforderungen der Arbeitswelt stellen zudem die Frage, welche Kompetenzen bei Jugendlichen gestärkt werden müssen, um sie fit für die Zukunft zu machen. Der Studienkompass hat hierfür gemeinsam mit seinen Partnern und einem breiten Netzwerk neue Formate und Angebote entwickelt.

Die Ergebnisse der Umfrage unter Eltern und Führungskräften sind in einer neuen Publikation zusammengefasst. Digitale Kompetenzen spielen für alle eine wichtige Rolle. 41 Prozent der befragten Unternehmensvertreter sehen dies als eine der wichtigsten Fähigkeiten zukünftiger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an. Aber auch Kreativität, Team- und Kommunikationsfähigkeit sind stark gefragt, ebenso die Kompetenz, gut mit Unsicherheiten umzugehen und eigenverantwortlich zu handeln.

Viele Berufe, in denen die aktuelle Schülergeneration später arbeiten wird, sind heute noch gar nicht bekannt. Auch 76 Prozent der Eltern geben an, keine Vorstellung davon zu haben, welche Berufe es zukünftig geben wird. Gleichzeitig sehen sie sich aber als wichtigste Ansprechpartner für ihre Kinder, wenn es um die Studien- und Berufsorientierung geht.

„Eine zeitgemäße Berufsorientierung hat notwendige Zukunftskompetenzen fest im Blick und kann so Jugendliche bestmöglich auf die Arbeitswelt von morgen vorbereiten. Gleichzeitig muss weiterhin alles dafür getan werden, dass alle Jugendlichen die Möglichkeit haben, die eigenen Talente zu entdecken und zu nutzen – unabhängig von ihrer Herkunft.

Die Corona-Pandemie zeigt, dass digitales Lehren und Lernen sehr schnell soziale Ungerechtigkeiten verstärkt, die später auch beim Einstieg ins Berufsleben Nachteile mit sich bringen.

Einen genaueren Überblick zu den Inhalten sowie die gesamte Publikation als PDF zum Download finden Sie unter www.studienkompass.de/zukunftskompetenzen.

Für das Management des Corona-Lockdowns wird den Schulen ein absolut unbefriedigendes Zeugnis ausgestellt. Besonders hart gehen die Eltern schulpflichtiger Kinder mit den Schulen ins Gericht. Eltern geben den Schulen die Note „mangelhaft“ für ihre Fähigkeit, im Falle erneuter Schulschließungen den Unterricht aufrechterhalten zu können. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage des IT-Bundesverbandes Bitkom.

Auch die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung ist sehr skeptisch, dass der Unterricht digital aus der Ferne stattfinden kann und gibt den Schulen hierfür eine 4-. Umso wichtiger ist für eine große Mehrheit – nicht nur der Eltern –, die Digitalisierung der Schulen entschieden und schnell voranzutreiben, die technische Ausstattung zu verbessern, Lernmittel und Lehrpläne zu modernisieren und Lehrer entsprechend weiterzubilden. Dem Bund sollte bei der Digitalisierung der Bildung nach mehrheitlicher Ansicht eine sehr viel größere Verantwortung zugestanden werden als bisher. Das sind die zentralen Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von 1.003 Personen in Deutschland ab 16 Jahren, darunter 269 Eltern schulpflichtiger Kinder. „Die Corona-Krise hat unser Bildungssystem vor eine Zerreißprobe gestellt. Bei vielen Bürgern wurde massiv Vertrauen verspielt, weil Unterricht zu oft ersatzlos gestrichen wurde und viele Schulen nicht in der Lage waren, die ihnen anvertrauten Schüler auch nur ansatzweise zu betreuen“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „Die massiven Verunsicherungen durch Behörden und Datenschutzbeauftragte haben dann auch noch die digitalen Vorreiter unter den Schulen und Lehrkräften ausgebremst. Corona ist der Startschuss für die Digitalisierung der Schulen. Jetzt heißt es, die Digitalisierung der Schulen von Null auf Hundert zu beschleunigen und das von jetzt auf gleich.“

Homeschooling gehört für jeden Zweiten zur neuen Normalität

Nach Einschätzung von Eltern wie auch der Gesamtbevölkerung ist an den meisten Schulen der Wechsel ins virtuelle Klassenzimmer nicht geglückt. Als gerade noch „ausreichend“ wird der Stand der digitalen Bildung in Deutschland bewertet, etwa wenn es um Geräteausstattung, Internetanbindung und digitale Unterrichtsinhalte der Schulen geht. In ihrem Urteil sind sich Bürger und Eltern einig: Auf der Schulnotenskala von 1 „sehr gut“ bis 6 „ungenügend“ vergeben sie für die Digitalisierung der Schulen im Durchschnitt einstimmig eine 4,2 – Versetzung gefährdet. Die Corona-Krise hat den Digitalisierungsdruck auf die Schulen massiv erhöht. Neun von zehn Bürgern (89 Prozent; Eltern: 88 Prozent) sind der Ansicht, dass die Pandemie die Defizite bei der Digitalisierung der Schulen schonungslos offengelegt hat. Etwa ebenso viele (Gesamtbevölkerung: 87 Prozent; Eltern: 90 Prozent) fordern, dass alle Schulen in die Lage versetzt werden sollten, noch in diesem Schuljahr per Homeschooling zu unterrichten. Für jeden Zweiten soll das auch zur neuen Normalität werden: 47 Prozent aller Bürger (Eltern: 48 Prozent) meinen, auch nach der Corona-Pandemie sollte der Unterricht teilweise digital per Homeschooling stattfinden. Bis zum Ende der Pandemie sollten Schulen für drei von zehn (28 Prozent; Eltern: 20 Prozent) am besten ganz geschlossen bleiben und es sollte ausschließlich per Homeschooling unterrichtet werden. „Die Corona-Krise hat einen beispiellosen Digitalisierungsschub ausgelöst. Was zuvor unvorstellbar schien, ist plötzlich erstrebenswert geworden – wie etwa Homeschooling. Daran will jeder Zweite auch in der Zeit nach Corona festhalten“, sagt Berg.

Versetzung gefährdet: Schulen wird Homeschooling nicht zugetraut

Kurzfristig allerdings glaubt kaum einer an die erfolgreiche Verlagerung des Unterrichts in den digitalen Raum, sofern Schulen erneut geschlossen werden sollten. Das Zeugnis ist verheerend: Die Vorbereitungen auf digitalen Unterricht im Falle eines erneuten Lockdowns bewerten die Befragten gerade noch als „ausreichend“ (Note 4,3) – die Eltern vergeben sogar nur ein „mangelhaft“ (Note 4,6). Berg: „Es ist ein alarmierendes Signal, dass sich zwar eine Mehrheit für Homeschooling ausspricht, aber zugleich nicht daran glaubt, dass unseren Schulen das schaffen.“

Drei Viertel sehen Föderalismus als „Bremsklotz“

Das größte Hemmnis wird in den föderalen Strukturen der Bundesrepublik gesehen. Sieben von zehn Bürgern (72 Prozent) sehen den Föderalismus als Bremsklotz für die Digitalisierung der Schulen. Bei den Eltern sind es sogar 76 Prozent. Dass ausschließlich der Bund statt der Bundesländer für Bildungspolitik verantwortlich sein sollte, befürworten 71 Prozent der Bürger und 79 Prozent der Eltern. Zwei Drittel der Bürger (65 Prozent; Eltern: 70 Prozent) halten es für nicht mehr zeitgemäß, dass jedes Bundesland ein eigenes Bildungssystem hat. Nahezu unwidersprochen bleibt die Forderung, dem Bund sollte erlaubt werden, Schulen und Schüler mit Geräten für digitalen Unterricht auszustatten. 98 Prozent der Bürger unterstützen das und 97 Prozent der Eltern.

Informatik sollte ab der 5. Klasse Pflichtfach sein

Digitale Geräte, Anwendungen und Inhalte sind für die Mehrheit aus den Schulen nicht mehr wegzudenken – wobei Eltern digitalen Technologien gegenüber grundsätzlich besonders aufgeschlossen sind. Für jeweils neun von zehn Eltern (93 Prozent) und Bürgern (88 Prozent) sollte der Einsatz digitaler Technologien wie Computer, Smartboards oder Tablets an allen Schulen Standard sein. 87 Prozent der Eltern meinen, digitale Kompetenzen sollten im Schulunterricht einen höheren Stellenwert genießen, unter allen Bürgern sind es 81 Prozent. Acht von zehn Eltern (79 Prozent; Bürger: 74 Prozent) sind der Ansicht, dass Schüler durch den Einsatz digitaler Technologien auf das Leben und Arbeiten in der digitalen Welt vorbereitet werden. Drei Viertel der Eltern (74 Prozent) möchten, dass Informatik ab der 5. Klasse verpflichtend unterrichtet wird, wie auch zwei Drittel der Bürger (65 Prozent). Und jeweils vier von zehn Bürgern (40 Prozent) und Eltern (43 Prozent) sind überzeugt, dass es digitale Technologien den Lehrkräften ermöglichen, individueller auf einzelne Schüler einzugehen. Eine analoge Schule will so gut wie niemand: Nur 3 Prozent der Bürger sagen, dass digitale Technologien wie Computer oder Tablets in Schulen nichts zu suchen haben, bei den Eltern sind es lediglich 2 Prozent.

Ausstattung verbessern, Lehrpläne modernisieren, Lehrer weiterbilden

Für den Aufbruch in die digitale Zukunft brauchen Schulen Infrastruktur, entsprechende Inhalte und pädagogische Konzepte und digitalkompetente Lehrer. Was IT-Fragen betrifft, hat die Verbesserung der technischen Ausstattung der Schulen (Bürger: 93 Prozent; Eltern: 96 Prozent) höchste Priorität, um die Digitalisierung der Schulen voranzubringen. Als fast genauso wichtig erachtet wird die Bereitstellung von Geräten wie Laptops oder Tablets für alle Schüler (Bürger: 88 Prozent; Eltern: 93 Prozent) und eine schnelle Internetanbindung für alle Schulen (Bürger: 87 Prozent; Eltern: 93 Prozent). Ebenfalls als wichtig sieht eine Mehrheit die Bereitstellung von Geräten wie Laptops oder Tablets für alle Lehrkräfte (Bürger: 64 Prozent; Eltern: 72 Prozent). Bei der Qualifizierung der Lehrkräfte sollten nach Ansicht einer großen Mehrheit digitale Medien in die Ausbildung integriert werden (Bürger: 87 Prozent; Eltern: 96 Prozent) und regelmäßige Fortbildungen zu digitalen Themen und Kompetenzen stattfinden (Bürger: 87 Prozent; Eltern: 93 Prozent). Auch die Inhalte und Formate im Unterricht sollten erneuert werden, meinen die meisten. Das betrifft die Anpassung der Lehrpläne an die Möglichkeiten der Digitalisierung (Bürger: 81 Prozent; Eltern 93 Prozent) und den Einsatz digitaler Lerninhalte wie etwa Lern-Apps oder interaktiver Arbeitsmaterialien im Unterricht (Bürger: 67 Prozent; Eltern: 73 Prozent).

Flächendeckend Smart Schools schaffen

Zur Digitalisierung der Schulen schlägt der Bitkom die flächendeckende Einrichtung von Smart Schools vor. Smart Schools sind digitale Vorreiterschulen und gründen sich auf die drei Säulen Infrastruktur, pädagogische Konzepte und Inhalte sowie digitalkompetente Lehrkräfte. Überall im Bundesgebiet gibt es bereits exzellente digitale Schulen, die vom Bitkom in einem jährlich stattfindenden Wettbewerb ausgezeichnet werden. Die Entscheidung trifft eine renommierte Jury auf Grundlage der eingereichten Digitalisierungskonzepte. Derzeit gibt es 61 Smart Schools in öffentlicher wie freier Trägerschaft in Deutschland – von Grundschulen über Gesamtschulen und Gymnasien bis zu Berufsschulen. Weitere Informationen zum Smart-School-Konzept, zu den Standorten und zum Wettbewerb gibt es unter www.smart-school.de. Der Bitkom ist zudem Mitinitiator der Offensive Digitale Schultransformation, die sieben Handlungsempfehlungen zur Digitalisierung der Schulen gibt. Die konkreten Vorschläge sind unter www.offensive-digitale-schultransformation.de zu finden.

Bitkom fordert mehr Tempo beim Digitalpakt Schule

Der Digitalpakt Schule, der bis 2024 Bundesmittel in Höhe von fünf Milliarden Euro bereitstellt, müsse nun endlich konsequent und unverzüglich umgesetzt werden, fordert Achim Berg. „So wichtig der Digitalpakt ist, so schleppend und bürokratisch läuft die Umsetzung. Das Geld kommt bislang nur tröpfchenweise bei den Schulen an.“ Derzeit seien lediglich ein Fünftel der Mittel bewilligt. „Die Schulen brauchen das Geld jetzt, um in die digitale Zukunft zu starten. Vom Bund bis zum regionalen Schulamt sind alle gefordert, den Digitalpakt zur Wirkung zu bringen.“ Besonders positiv hebt Berg dabei die Zusatzvereinbarung im Digitalpakt vor dem Hintergrund der Corona-Krise hervor: „Die Corona-Hilfen für Schülerendgeräte in Höhe von 500 Millionen Euro werden unbürokratisch und direkt von den Ländern an die Schulen verteilt. So einfach sollte es auch beim Digitalpakt laufen.“

Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands Bitkom telefonisch durchgeführt hat. Im August 2020 wurden dabei 1.003 Personen in Deutschland ab 16 Jahren repräsentativ befragt, darunter 269 Eltern schulpflichtiger Kinder.