Die EdTech-Landschaft in Deutschland wächst rasant. Immer mehr junge Unternehmen entwickeln innovative Produkte, die den Bildungssektor revolutionieren wollen. Besonders interaktive und digitale Lernplattformen stehen dabei im Fokus. Doch trotz dieser positiven Entwicklung kritisieren 9 von 10 deutschen Startup-Gründer das langsame Digitalisierungstempo in der deutschen Bildungslandschaft. Um einen Überblick über die aktuelle Situation zu gewinnen, haben die Founders Foundation und der Startup-Verband den EdTech Startup Monitor ins Leben gerufen. Dieser analysiert erstmals systematisch die Potenziale und Herausforderungen von EdTech-Startups in Deutschland.

493 EdTech-Startups prägen die Bildungslandschaft

Der Bericht identifiziert aktuell 493 EdTech-Startups in Deutschland. Dabei zeigt sich eine klare Ballung in den großen Städten: Mit 29 % der Unternehmen liegt Berlin als Standort klar an der Spitze, gefolgt von München, Hamburg, Köln und Düsseldorf. Mehr als die Hälfte dieser Unternehmen sind somit in nur fünf Städten und vier Bundesländern konzentriert, was die föderale Struktur Deutschlands im Bildungssektor spiegelt.


Von Christoph Sochart


Startups treiben die Digitalisierung in Schulen und Unternehmen voran

Startups sind heute eine treibende Kraft bei der Digitalisierung des Bildungssektors. 80 % der EdTech-Startupsfokussieren sich auf digitale Geschäftsmodelle wie Apps und Online-Lernplattformen, was deutlich höher ist als der Durchschnitt der deutschen Startups (64 %). Dabei spielen Online-Plattformen eine besonders wichtige Rolle (34 %). Die Produkte und Dienstleistungen decken alle Bildungsbereiche ab: Der größte Marktsektor ist die berufliche Aus- und Weiterbildung mit 41 %. Hier bieten die Startups Lösungen sowohl für Unternehmen als auch für Privatpersonen. 38 %der Unternehmen konzentrieren sich auf Schulen, Kitas und Hochschulen, während 21 % im Bereich des lebenslangen Lernens aktiv sind.

Hohe Diversität und starker Purpose bei EdTech-Gründer

Auffällig ist die hohe Diversität in der EdTech-Branche. Der Anteil an Gründerinnen liegt mit 36 % deutlich über dem allgemeinen Schnitt von 18 %. Viele der Gründer haben akademische Hintergründe, insbesondere in den Bereichen Informatik, Mathematik, Geistes- und Sozialwissenschaften. Besonders interessant: 58 % der EdTech-Gründer entscheiden sich erst im Berufsleben zur Gründung eines Startups, deutlich mehr als im allgemeinen Startup-Bereich (41 %). Ihre Motivation liegt oft in einer starken inhaltlichen Begeisterung und der Identifikation mit dem Thema Bildung – 57 % der Gründer sehen ihre Vision als treibende Kraft für ihr Unternehmen.

Hürden durch Bürokratie und Fragmentierung des Bildungsmarktes

Trotz der Innovationskraft der Startups stehen viele von ihnen vor großen Herausforderungen. Der Vertrieb ist dabei die größte Hürde, da 65 % der Unternehmen Schwierigkeiten haben, ihre Produkte an Schulen und Hochschulen zu bringen. 89 % der Gründer berichten von Zurückhaltung institutioneller Kunden bei der Einführung neuer Lösungen. Hinzu kommen die unterschiedlichen gesetzlichen Vorgaben der Bundesländer und eine komplexe Kundenstruktur, da sowohl Unternehmen, Schulen als auch Eltern als Käufer auftreten. Dies spiegelt sich auch in den Umsatzzahlen wider: Während 40 % der EdTech-Startups im B2C-Bereich (Endverbraucher) tätig sind, erzielt nur 22 % Umsätze im B2G-Bereich (öffentliche Kunden). Hier zeigt sich, dass der Bildungsmarkt besonders fragmentiert ist und das föderale System die Marktdurchdringung erschwert.

Finanzierungshürden bremsen das Wachstum

Ein weiteres Hindernis für viele EdTech-Startups ist die Finanzierung. Im Vergleich zu anderen Startups erhalten EdTech-Unternehmen seltener Unterstützung von Business Angels (24 % im Vergleich zu 32 %) oder von Venture-Capital-Investoren (4 % im Vergleich zu 19 %). Auch die Nachfrage nach Venture Capital ist unter den EdTech-Gründer geringer (16 % gegenüber 35 % allgemein). Dies könnte auf spezifische Barrieren des Sektors hinweisen, aber auch auf das Bedürfnis nach stabilen sozialen und finanziellen Netzwerken.

Fazit: Der Bedarf an privatem Kapital wächst

Um das volle Potenzial der EdTech-Branche in Deutschland auszuschöpfen, sind mehr Investitionen notwendig. Besonders institutionelle Investoren müssen stärker mobilisiert werden, um den Startups die nötigen Ressourcen für Wachstum und Skalierung zu bieten. Bildung ist ein zentraler Faktor für die Zukunft der Gesellschaft und Wirtschaft, weshalb gezielte Investitionen in diesem Bereich volkswirtschaftlich besonders relevant sind. Dominik Gross, Geschäftsführer der Founders Foundation, fasst zusammen: „EdTech ist eines der diversesten Startup-Felder in Deutschland. Gründer in diesem Bereich setzen sich aus tiefer Überzeugung für eine neue Form von Bildung ein. Trotz der bürokratischen Hürden ist der Antrieb, unsere Bildung zu revolutionieren, riesig – und den brauchen wir, um in Deutschland gut ausgebildete Menschen für die Zukunft zu haben, die unsere Gesellschaft und Wirtschaft antreiben.“

Hier geht es zur Studie.