Was ist eigentlich aus dem großen Ziel geworden, allen Kindern in NRW die gleichen Bildungschancen zu geben – unabhängig von Herkunft, Wohnort oder familiärem Hintergrund? Dieser Frage ist in den vergangenen zwei Jahren die Enquetekommission des nordrhein-westfälischen Landtages auf den Grund gegangen. Eingesetzt wurde das Gremium auf Wunsch der SPD, nachdem Jochen Ott im Mai 2023 den Fraktionsvorsitz übernommen hatte. Mit Vertreterinnen und Vertretern aller Landtagsfraktionen sowie externen Fachleuten wollte man eine umfassende Bestandsaufnahme und konkrete Handlungsempfehlungen für eine gerechtere Bildungslandschaft in NRW erarbeiten. (Foto: Berichterstatterin Christin Siebel, MdL; Quelle: SPD).
Nun liegt der Abschlussbericht vor – mit 248 Handlungsempfehlungen, einem politischen Kraftakt und nicht zuletzt viel Diskussionsstoff.
Orientierung am „Hamburger Modell“ – Ein Fortschritt oder Rückschritt?
Kern des Berichts ist die deutliche Annäherung an das sogenannte Hamburger Modell, das dort bereits vor über zehn Jahren für umfassende Schulstrukturreformen gesorgt hat. In Hamburg wurden die klassischen Schulformen Hauptschule und Realschule abgeschafft, es gibt nur noch zwei weiterführende Schulformen. Ganztagsunterricht und ein konsequentes, digitales Bildungsmonitoring prägen das neue System. Und ja – in Vergleichsstudien hat sich Hamburg seither verbessert.
Für Nordrhein-Westfalen heißt das: Die Richtung ist klar – Förderschulen, Haupt- und Realschulen sollen auf mittlere Sicht zurückgedrängt werden, auch wenn das System hier noch nicht komplett umsetzbar scheint. Eine gemeinsame Schule bis Klasse 6 – wie in Hamburg – stand in NRW bislang nicht zur Debatte. CDU und Grüne sprechen sich sogar ausdrücklich gegen eine neue Strukturdebatte aus. Dennoch – die Weichen werden gestellt.
Große Worte, wenig Konkretes?
Der Bericht selbst ist durchzogen von Allgemeinplätzen und teilweise schwer verständlichen Formulierungen. Aussagen wie „Ohne Chancengleichheit keine Chancengerechtigkeit“ oder tiefphilosophische Ausführungen zur „Raumtheorie in der Kindheitsforschung“ wirken auf viele Beteiligte aus Schulen, Elternräten oder Jugendhilfeeinrichtungen schlicht abgehoben.
Zugegeben: Einige Formulierungen klingen akademisch, andere beinahe banal. Wer täglich mit Jugendlichen arbeitet, fragt sich, wie viel Praxisbezug wirklich in diesen 248 Empfehlungen steckt.
Und doch – es gibt auch konkrete Vorschläge, die durchaus Gewicht haben:
Ein verpflichtendes „Chancenjahr“ vor der Einschulung soll eingeführt werden – als Antwort auf große Unterschiede bei Schulanfänger:innen.
Die frühkindliche Bildung soll gestärkt und besser verzahnt werden mit Schule und Jugendhilfe.
Die Ganztagsbetreuung soll ausgebaut und qualitativ verbessert werden.
Alte Ideen neu verpackt?
Ebenfalls wieder auf dem Tisch: die Primusschule – ein Modell des längeren gemeinsamen Lernens von Klasse 1 bis 10. Besonders die Grünen machen sich erneut stark dafür, dieses Modell stärker zu etablieren. Doch bisher konnte sich dieses Konzept in NRW nicht durchsetzen – auch wegen fehlender Akzeptanz vor Ort und begrenzter Ressourcen.
Wie neu sind also die Ideen, die nun als „Empfehlungen“ im Bericht stehen? Vieles klingt vertraut – und auch das ist ein Kritikpunkt vieler aus der Bildungspraxis: Der Bericht wiederholt zu häufig alte Forderungen, ohne die Frage zu beantworten, warum diese bisher nicht funktioniert haben – und was diesmal anders gemacht werden soll.
Sondervoten, Kritik und ein offener Dissens
Wie zu erwarten war, hat die AfD alle Handlungsempfehlungen abgelehnt. Zwar teilt sie einige Zielsetzungen – z. B. die Forderung nach kleineren Klassen und mehr Lehrkräften –, doch sie verweigert sich dem Gesamtpaket. Besonders auffällig: das umfangreiche Sondervotum von Helmut Seifen, ehemaliger Lehrer und aktueller bildungspolitischer Sprecher der AfD. Seine Repliken wurden in den Bericht aufgenommen, auch wenn sie wenig mit dem Konsens des restlichen Gremiums gemein haben.
Und was heißt das nun für die Bildung in NRW?
Was bleibt, ist ein Bericht, der viel in Bewegung bringen könnte – wenn der politische Wille vorhanden ist. Einige Empfehlungen könnten realistisch schon bald umgesetzt werden, andere werden sicher in den Programmen zur Landtagswahl 2027 eine Rolle spielen. Fest steht: Bildung in NRW braucht dringend neue Impulse – aber auch Mut, alte Strukturen aufzubrechen und echte Praxisnähe herzustellen.
Ein positiver Ausblick
Trotz aller Kritik: Es ist gut, dass die Diskussion um Chancengleichheit in der Bildung auf die politische Agenda zurückgekehrt ist – und das mit einer breiten Beteiligung aus Politik und Fachwelt. Der Weg zur echten Bildungsgerechtigkeit ist lang, aber jeder Schritt, der die Bedingungen für Kinder verbessert – sei es durch frühzeitige Förderung, kleinere Klassen, mehr qualifiziertes Personal oder einen respektvollen Umgang mit Vielfalt – ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Die wichtigste Botschaft bleibt: Jedes Kind verdient die bestmögliche Bildung. Nicht irgendwann – sondern jetzt.
https://kompetenzzentrum-duesseldorf.de/wp-content/uploads/2025/10/portra-t-dm37325-scaled-e1759564617168.jpg16552184Christoph Socharthttps://kompetenzzentrum-duesseldorf.de/wp-content/uploads/2019/04/Logo-1030x312.pngChristoph Sochart2025-10-04 09:59:092025-10-04 10:01:56Chancengleichheit in der Bildung – Ein Blick auf den Bericht der Enquetekommission des Landtages NRW
Wer heute junge Menschen mit politischen Themen erreichen will, kommt an Social Media nicht mehr vorbei. Das ist kein Bauchgefühl, sondern das Ergebnis einer aktuellen Studie mit dem Titel „How to Sell Democracy Online (Fast)“, initiiert von der Bertelsmann Stiftung in Kooperation mit dem Berliner Think-Tank Das Progressive Zentrum und gefördert von der Stiftung Mercator.
Die Ergebnisse sind ein deutlicher Weckruf für politische Kommunikation: Soziale Medien sind für junge Menschen der wichtigste Zugang zu politischen Informationen. 74 Prozent der 16- bis 30-Jährigen informieren sich über Plattformen wie Instagram, TikTok oder YouTube über politische Geschehnisse – deutlich mehr als in Schule, Familie oder über klassische Medien.
Politische Influencer:innen als neue Vertrauenspersonen
Was dabei besonders auffällt: Junge Nutzer:innen folgen häufiger politischen Influencer:innen (60 Prozent) als offiziellen Accounts von Parteien oder Politiker:innen (38 Prozent). Das Vertrauen liegt stärker bei Einzelpersonen als bei Institutionen – vermutlich, weil Influencer:innen als nahbarer, authentischer und alltagsbezogener wahrgenommen werden.
Politische Kommunikation muss deshalb nicht nur in den sozialen Medien stattfinden, sondern auch deren Logik, Tonalität und Tempo verstehen – etwa durch kurze, visuell ansprechende Videos, schnelle Reaktionen und eine zielgruppengerechte Ansprache. Das bedeutet aber nicht, Inhalte zu trivialisieren – sondern sie zugänglich, konkret und relevant zu gestalten.
Junge Menschen ernst nehmen – auch in der digitalen Sphäre
Ein zentrales Fazit der Studie: Politische Kommunikation muss die Lebensrealität junger Menschen anerkennen.Wer sie erreichen will, muss dort präsent sein, wo ihre Meinungsbildung stattfindet – und das ist nun einmal online.
Dass Social Media nicht nur Ort der Unterhaltung, sondern auch Plattform für politische Bildung, Meinungsvielfalt und Engagement ist, zeigt sich deutlich. Auch wenn nur 17 Prozent aktiv an Diskussionen teilnehmen oder Beiträge kommentieren – die Mehrheit liest mit, beobachtet, denkt mit. Politische Inhalte landen oft über algorithmisch kuratierte Feeds bei den Nutzer:innen, was gleichzeitig Chancen und Risiken birgt.
Was funktioniert – und was nicht
Die in der Studie untersuchten Inhalte zeigen, dass Themen wie Regierung, Verwaltung und Wahlen am häufigsten behandelt wurden. Bildungspolitik, Sozialthemen und Umwelt erzielten dagegen geringere Reichweiten – obwohl gerade Bildung junge Menschen stark betrifft. Das legt nahe, dass politische Inhalte auf Social Media häufig an den Interessen junger Menschen vorbeiproduziert werden – oder nicht so aufbereitet sind, dass sie Anklang finden.
Zudem zeigt die Analyse, dass positive Selbstdarstellung in rund 70 Prozent der Beiträge vorherrscht, während 35 Prozent Angriffe auf politische Gegner enthalten. Interessanterweise werden solche attackierenden Inhalte zwar häufiger angesehen, aber nicht zwingend positiv bewertet. Junge Nutzer:innen lehnen politische Polemik in Kurzvideos mehrheitlich ab.
Fazit: Politische Kommunikation muss digital neu gedacht werden
Die Studie der Bertelsmann Stiftung belegt eindrücklich: Wer junge Menschen politisch erreichen will, muss auf Social Media präsent sein – und zwar nicht nur mit Inhalten, sondern mit Haltung, Authentizität und echtem Interesse an der Zielgruppe. Kurz: Politische Bildung braucht neue digitale Wege – und die Bereitschaft, sie konsequent zu gehen.
Politik darf nicht länger davon ausgehen, dass junge Menschen den Weg zu ihr finden. Vielmehr muss sich politische Kommunikation dorthin bewegen, wo junge Menschen bereits sind. Das ist keine Kapitulation vor dem Algorithmus – sondern eine notwendige Weiterentwicklung demokratischer Öffentlichkeit.
https://kompetenzzentrum-duesseldorf.de/wp-content/uploads/2019/04/Logo-1030x312.png00Christoph Socharthttps://kompetenzzentrum-duesseldorf.de/wp-content/uploads/2019/04/Logo-1030x312.pngChristoph Sochart2025-09-30 08:44:172025-09-30 08:51:35Politische Bildung auf TikTok & Co: Ohne Social Media keine junge Zielgruppe
Vom 9. bis 14. September 2025 wurde die dänische Stadt Herning zum Zentrum europäischer Spitzenleistungen in der beruflichen Bildung. Rund 600 junge Fachkräfte aus 32 Nationen traten bei den EuroSkills 2025 in 38 verschiedenen Berufen gegeneinander an. Was geboten wurde, war weit mehr als ein Wettbewerb – es war eine Demonstration von Präzision, Innovationskraft und internationaler Verbundenheit im Handwerk und in der beruflichen Bildung. Im feierlichen Rahmen der Schlussveranstaltung wurde die EuroSkills-Flagge an die nächsten Gastgeber überreicht: Deutschland und Luxemburg werden die Europameisterschaft der Berufe vom 22. bis 26. September 2027 gemeinsam austragen – federführend in Düsseldorf.
Besonders erfreulich aus deutscher Sicht: Die Berufe-Nationalmannschaft konnte mit insgesamt 22 Medaillen und dem Europameistertitel im Speed-Programming glänzen. Im Nationenranking bedeutete das Platz zwei – ein beeindruckendes Ergebnis, das die Leistungsfähigkeit des dualen Systems „Made in Germany“ einmal mehr unter Beweis stellt.
Internationale Bühne – lokale Perspektive
Im Rahmen der EuroSkills war auch die IHK durch Dr. Holtkamp und die Handwerkskammer Düsseldorf durch Dr. Henke vertreten. Auch als Mitglied im Lenkungskreis des Kompetenzzentrums Berufliche Orientierung beobachteten die Herren nicht nur die Leistungen der Teilnehmenden, sondern nutzten die Gelegenheit, um wichtige Impulse für die Vorbereitung der EuroSkills 2027 in Düsseldorf zu sammeln. Dr. Henke nutzte auch die Möglichkeit im Lenkungskreis des Kompetenzzentrums darüber zu berichten. Außerdem auf der Gästeliste in Herning: Vertreterinnen und Vertreter des Bundesministeriums für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, des Bundesinstituts für Berufsbildung, des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, mehrerer NRW-Ministerien, der Messe Düsseldorf sowie der Wirtschaftsförderung Düsseldorf.
Fachkräfte als Botschafter einer neuen Generation
Die Wettbewerbe fanden unter großem öffentlichem Interesse statt: Über 100.000 Besucherinnen und Besucher verfolgten die Leistungen der jungen Fachkräfte – viele davon nutzten die Gelegenheit, sich bei den „Try a Skill“-Stationen selbst auszuprobieren. Ein Höhepunkt war der Besuch von König Frederik X., der sich persönlich ein Bild vom Können der Teilnehmenden machte. Auch Bundesbildungsministerin Karin Prien suchte das Gespräch mit deutschen Nachwuchstalenten.
Die EuroSkills 2025 waren nicht nur ein Schaufenster der Exzellenz, sondern auch eine Plattform für den Austausch über die Zukunft der beruflichen Bildung in Europa. Ministerinnen und Minister aus zahlreichen Ländern diskutierten darüber, wie Ausbildungssysteme stärker miteinander vernetzt und weiterentwickelt werden können.
Der Blick nach vorn: Düsseldorf bereitet sich vor
Mit einem Koffer voller Eindrücke und Inspirationen kehrten die deutschen Delegationen zurück – und nahmen nicht nur Medaillen, sondern auch wertvolle Erkenntnisse für die Vorbereitung der EuroSkills 2027 mit. Die Vorbereitungen in Düsseldorf laufen bereits an – getragen von einem großen Netzwerk.
„Jetzt gilt es, die gewonnenen Erfahrungen in ein tragfähiges Konzept zu übersetzen. Mit dem Rückenwind aus Herning und der klaren Vision für 2027 steht fest: Die EuroSkills in Düsseldorf haben das Potenzial, ein Leuchtturmprojekt für berufliche Bildung in Deutschland und darüber hinaus zu werden.
Quelle: Dr. Henke und Wirtschaftsförderung Foto: WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG DER STADT DÜSSELDORF
https://kompetenzzentrum-duesseldorf.de/wp-content/uploads/2019/04/Logo-1030x312.png00Christoph Socharthttps://kompetenzzentrum-duesseldorf.de/wp-content/uploads/2019/04/Logo-1030x312.pngChristoph Sochart2025-09-25 09:28:502025-09-30 07:13:17EuroSkills 2027 als starkes Signal für die Zukunft der beruflichen Bildung in Europa
Chancengleichheit in der Bildung – Ein Blick auf den Bericht der Enquetekommission des Landtages NRW
NewsWas ist eigentlich aus dem großen Ziel geworden, allen Kindern in NRW die gleichen Bildungschancen zu geben – unabhängig von Herkunft, Wohnort oder familiärem Hintergrund? Dieser Frage ist in den vergangenen zwei Jahren die Enquetekommission des nordrhein-westfälischen Landtages auf den Grund gegangen. Eingesetzt wurde das Gremium auf Wunsch der SPD, nachdem Jochen Ott im Mai 2023 den Fraktionsvorsitz übernommen hatte. Mit Vertreterinnen und Vertretern aller Landtagsfraktionen sowie externen Fachleuten wollte man eine umfassende Bestandsaufnahme und konkrete Handlungsempfehlungen für eine gerechtere Bildungslandschaft in NRW erarbeiten. (Foto: Berichterstatterin Christin Siebel, MdL; Quelle: SPD).
Nun liegt der Abschlussbericht vor – mit 248 Handlungsempfehlungen, einem politischen Kraftakt und nicht zuletzt viel Diskussionsstoff.
Orientierung am „Hamburger Modell“ – Ein Fortschritt oder Rückschritt?
Kern des Berichts ist die deutliche Annäherung an das sogenannte Hamburger Modell, das dort bereits vor über zehn Jahren für umfassende Schulstrukturreformen gesorgt hat. In Hamburg wurden die klassischen Schulformen Hauptschule und Realschule abgeschafft, es gibt nur noch zwei weiterführende Schulformen. Ganztagsunterricht und ein konsequentes, digitales Bildungsmonitoring prägen das neue System. Und ja – in Vergleichsstudien hat sich Hamburg seither verbessert.
Für Nordrhein-Westfalen heißt das: Die Richtung ist klar – Förderschulen, Haupt- und Realschulen sollen auf mittlere Sicht zurückgedrängt werden, auch wenn das System hier noch nicht komplett umsetzbar scheint. Eine gemeinsame Schule bis Klasse 6 – wie in Hamburg – stand in NRW bislang nicht zur Debatte. CDU und Grüne sprechen sich sogar ausdrücklich gegen eine neue Strukturdebatte aus. Dennoch – die Weichen werden gestellt.
Große Worte, wenig Konkretes?
Der Bericht selbst ist durchzogen von Allgemeinplätzen und teilweise schwer verständlichen Formulierungen. Aussagen wie „Ohne Chancengleichheit keine Chancengerechtigkeit“ oder tiefphilosophische Ausführungen zur „Raumtheorie in der Kindheitsforschung“ wirken auf viele Beteiligte aus Schulen, Elternräten oder Jugendhilfeeinrichtungen schlicht abgehoben.
Zugegeben: Einige Formulierungen klingen akademisch, andere beinahe banal. Wer täglich mit Jugendlichen arbeitet, fragt sich, wie viel Praxisbezug wirklich in diesen 248 Empfehlungen steckt.
Und doch – es gibt auch konkrete Vorschläge, die durchaus Gewicht haben:
Ein verpflichtendes „Chancenjahr“ vor der Einschulung soll eingeführt werden – als Antwort auf große Unterschiede bei Schulanfänger:innen.
Die frühkindliche Bildung soll gestärkt und besser verzahnt werden mit Schule und Jugendhilfe.
Die Ganztagsbetreuung soll ausgebaut und qualitativ verbessert werden.
Alte Ideen neu verpackt?
Ebenfalls wieder auf dem Tisch: die Primusschule – ein Modell des längeren gemeinsamen Lernens von Klasse 1 bis 10. Besonders die Grünen machen sich erneut stark dafür, dieses Modell stärker zu etablieren. Doch bisher konnte sich dieses Konzept in NRW nicht durchsetzen – auch wegen fehlender Akzeptanz vor Ort und begrenzter Ressourcen.
Wie neu sind also die Ideen, die nun als „Empfehlungen“ im Bericht stehen? Vieles klingt vertraut – und auch das ist ein Kritikpunkt vieler aus der Bildungspraxis: Der Bericht wiederholt zu häufig alte Forderungen, ohne die Frage zu beantworten, warum diese bisher nicht funktioniert haben – und was diesmal anders gemacht werden soll.
Sondervoten, Kritik und ein offener Dissens
Wie zu erwarten war, hat die AfD alle Handlungsempfehlungen abgelehnt. Zwar teilt sie einige Zielsetzungen – z. B. die Forderung nach kleineren Klassen und mehr Lehrkräften –, doch sie verweigert sich dem Gesamtpaket. Besonders auffällig: das umfangreiche Sondervotum von Helmut Seifen, ehemaliger Lehrer und aktueller bildungspolitischer Sprecher der AfD. Seine Repliken wurden in den Bericht aufgenommen, auch wenn sie wenig mit dem Konsens des restlichen Gremiums gemein haben.
Und was heißt das nun für die Bildung in NRW?
Was bleibt, ist ein Bericht, der viel in Bewegung bringen könnte – wenn der politische Wille vorhanden ist. Einige Empfehlungen könnten realistisch schon bald umgesetzt werden, andere werden sicher in den Programmen zur Landtagswahl 2027 eine Rolle spielen. Fest steht: Bildung in NRW braucht dringend neue Impulse – aber auch Mut, alte Strukturen aufzubrechen und echte Praxisnähe herzustellen.
Ein positiver Ausblick
Trotz aller Kritik: Es ist gut, dass die Diskussion um Chancengleichheit in der Bildung auf die politische Agenda zurückgekehrt ist – und das mit einer breiten Beteiligung aus Politik und Fachwelt. Der Weg zur echten Bildungsgerechtigkeit ist lang, aber jeder Schritt, der die Bedingungen für Kinder verbessert – sei es durch frühzeitige Förderung, kleinere Klassen, mehr qualifiziertes Personal oder einen respektvollen Umgang mit Vielfalt – ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Die wichtigste Botschaft bleibt: Jedes Kind verdient die bestmögliche Bildung. Nicht irgendwann – sondern jetzt.
Den Bericht der Enquetekommission finden Sie hier: https://kurzlinks.de/6a22
Politische Bildung auf TikTok & Co: Ohne Social Media keine junge Zielgruppe
NewsWer heute junge Menschen mit politischen Themen erreichen will, kommt an Social Media nicht mehr vorbei. Das ist kein Bauchgefühl, sondern das Ergebnis einer aktuellen Studie mit dem Titel „How to Sell Democracy Online (Fast)“, initiiert von der Bertelsmann Stiftung in Kooperation mit dem Berliner Think-Tank Das Progressive Zentrum und gefördert von der Stiftung Mercator.
Die Ergebnisse sind ein deutlicher Weckruf für politische Kommunikation: Soziale Medien sind für junge Menschen der wichtigste Zugang zu politischen Informationen. 74 Prozent der 16- bis 30-Jährigen informieren sich über Plattformen wie Instagram, TikTok oder YouTube über politische Geschehnisse – deutlich mehr als in Schule, Familie oder über klassische Medien.
Politische Influencer:innen als neue Vertrauenspersonen
Was dabei besonders auffällt: Junge Nutzer:innen folgen häufiger politischen Influencer:innen (60 Prozent) als offiziellen Accounts von Parteien oder Politiker:innen (38 Prozent). Das Vertrauen liegt stärker bei Einzelpersonen als bei Institutionen – vermutlich, weil Influencer:innen als nahbarer, authentischer und alltagsbezogener wahrgenommen werden.
Politische Kommunikation muss deshalb nicht nur in den sozialen Medien stattfinden, sondern auch deren Logik, Tonalität und Tempo verstehen – etwa durch kurze, visuell ansprechende Videos, schnelle Reaktionen und eine zielgruppengerechte Ansprache. Das bedeutet aber nicht, Inhalte zu trivialisieren – sondern sie zugänglich, konkret und relevant zu gestalten.
Junge Menschen ernst nehmen – auch in der digitalen Sphäre
Ein zentrales Fazit der Studie: Politische Kommunikation muss die Lebensrealität junger Menschen anerkennen.Wer sie erreichen will, muss dort präsent sein, wo ihre Meinungsbildung stattfindet – und das ist nun einmal online.
Dass Social Media nicht nur Ort der Unterhaltung, sondern auch Plattform für politische Bildung, Meinungsvielfalt und Engagement ist, zeigt sich deutlich. Auch wenn nur 17 Prozent aktiv an Diskussionen teilnehmen oder Beiträge kommentieren – die Mehrheit liest mit, beobachtet, denkt mit. Politische Inhalte landen oft über algorithmisch kuratierte Feeds bei den Nutzer:innen, was gleichzeitig Chancen und Risiken birgt.
Was funktioniert – und was nicht
Die in der Studie untersuchten Inhalte zeigen, dass Themen wie Regierung, Verwaltung und Wahlen am häufigsten behandelt wurden. Bildungspolitik, Sozialthemen und Umwelt erzielten dagegen geringere Reichweiten – obwohl gerade Bildung junge Menschen stark betrifft. Das legt nahe, dass politische Inhalte auf Social Media häufig an den Interessen junger Menschen vorbeiproduziert werden – oder nicht so aufbereitet sind, dass sie Anklang finden.
Zudem zeigt die Analyse, dass positive Selbstdarstellung in rund 70 Prozent der Beiträge vorherrscht, während 35 Prozent Angriffe auf politische Gegner enthalten. Interessanterweise werden solche attackierenden Inhalte zwar häufiger angesehen, aber nicht zwingend positiv bewertet. Junge Nutzer:innen lehnen politische Polemik in Kurzvideos mehrheitlich ab.
Fazit: Politische Kommunikation muss digital neu gedacht werden
Die Studie der Bertelsmann Stiftung belegt eindrücklich: Wer junge Menschen politisch erreichen will, muss auf Social Media präsent sein – und zwar nicht nur mit Inhalten, sondern mit Haltung, Authentizität und echtem Interesse an der Zielgruppe. Kurz: Politische Bildung braucht neue digitale Wege – und die Bereitschaft, sie konsequent zu gehen.
Politik darf nicht länger davon ausgehen, dass junge Menschen den Weg zu ihr finden. Vielmehr muss sich politische Kommunikation dorthin bewegen, wo junge Menschen bereits sind. Das ist keine Kapitulation vor dem Algorithmus – sondern eine notwendige Weiterentwicklung demokratischer Öffentlichkeit.
EuroSkills 2027 als starkes Signal für die Zukunft der beruflichen Bildung in Europa
NewsVom 9. bis 14. September 2025 wurde die dänische Stadt Herning zum Zentrum europäischer Spitzenleistungen in der beruflichen Bildung. Rund 600 junge Fachkräfte aus 32 Nationen traten bei den EuroSkills 2025 in 38 verschiedenen Berufen gegeneinander an. Was geboten wurde, war weit mehr als ein Wettbewerb – es war eine Demonstration von Präzision, Innovationskraft und internationaler Verbundenheit im Handwerk und in der beruflichen Bildung. Im feierlichen Rahmen der Schlussveranstaltung wurde die EuroSkills-Flagge an die nächsten Gastgeber überreicht: Deutschland und Luxemburg werden die Europameisterschaft der Berufe vom 22. bis 26. September 2027 gemeinsam austragen – federführend in Düsseldorf.
Besonders erfreulich aus deutscher Sicht: Die Berufe-Nationalmannschaft konnte mit insgesamt 22 Medaillen und dem Europameistertitel im Speed-Programming glänzen. Im Nationenranking bedeutete das Platz zwei – ein beeindruckendes Ergebnis, das die Leistungsfähigkeit des dualen Systems „Made in Germany“ einmal mehr unter Beweis stellt.
Internationale Bühne – lokale Perspektive
Im Rahmen der EuroSkills war auch die IHK durch Dr. Holtkamp und die Handwerkskammer Düsseldorf durch Dr. Henke vertreten. Auch als Mitglied im Lenkungskreis des Kompetenzzentrums Berufliche Orientierung beobachteten die Herren nicht nur die Leistungen der Teilnehmenden, sondern nutzten die Gelegenheit, um wichtige Impulse für die Vorbereitung der EuroSkills 2027 in Düsseldorf zu sammeln. Dr. Henke nutzte auch die Möglichkeit im Lenkungskreis des Kompetenzzentrums darüber zu berichten. Außerdem auf der Gästeliste in Herning: Vertreterinnen und Vertreter des Bundesministeriums für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, des Bundesinstituts für Berufsbildung, des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, mehrerer NRW-Ministerien, der Messe Düsseldorf sowie der Wirtschaftsförderung Düsseldorf.
Fachkräfte als Botschafter einer neuen Generation
Die Wettbewerbe fanden unter großem öffentlichem Interesse statt: Über 100.000 Besucherinnen und Besucher verfolgten die Leistungen der jungen Fachkräfte – viele davon nutzten die Gelegenheit, sich bei den „Try a Skill“-Stationen selbst auszuprobieren. Ein Höhepunkt war der Besuch von König Frederik X., der sich persönlich ein Bild vom Können der Teilnehmenden machte. Auch Bundesbildungsministerin Karin Prien suchte das Gespräch mit deutschen Nachwuchstalenten.
Die EuroSkills 2025 waren nicht nur ein Schaufenster der Exzellenz, sondern auch eine Plattform für den Austausch über die Zukunft der beruflichen Bildung in Europa. Ministerinnen und Minister aus zahlreichen Ländern diskutierten darüber, wie Ausbildungssysteme stärker miteinander vernetzt und weiterentwickelt werden können.
Der Blick nach vorn: Düsseldorf bereitet sich vor
Mit einem Koffer voller Eindrücke und Inspirationen kehrten die deutschen Delegationen zurück – und nahmen nicht nur Medaillen, sondern auch wertvolle Erkenntnisse für die Vorbereitung der EuroSkills 2027 mit. Die Vorbereitungen in Düsseldorf laufen bereits an – getragen von einem großen Netzwerk.
„Jetzt gilt es, die gewonnenen Erfahrungen in ein tragfähiges Konzept zu übersetzen. Mit dem Rückenwind aus Herning und der klaren Vision für 2027 steht fest: Die EuroSkills in Düsseldorf haben das Potenzial, ein Leuchtturmprojekt für berufliche Bildung in Deutschland und darüber hinaus zu werden.
Quelle: Dr. Henke und Wirtschaftsförderung
Foto: WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG DER STADT DÜSSELDORF