Am 4. September 2019 teilte das nordrhein-westfälische Schulministerium mit: >> Das Landeskabinett hat die Förderrichtlinie für den Digitalpakt Schule gebilligt und damit den Weg frei gemacht für die Auszahlung der Fördermittel an die Schulen in NRW in Höhe von rund einer Milliarde Euro. Schulministerin Yvonne Gebauer erklärte, dass die dringend erforderliche Unterstützung bei der Digitalisierung der Schulen nun Wirklichkeit werde: „Digitale Medien können das Lernen und Lehren in unseren Schulen verbessern. Dafür müssen wir unsere Schulen mit moderner Technik ausstatten. Der Digitalpakt Schule gibt uns den nötigen Rückenwind, um unsere Schulen ins digitale 21. Jahrhundert zu führen.“ <<

Heute, im Juli 2020, stellt man erschreckt fest: Bislang gibt der Digitalpakt kaum „Rückenwind“, denn die Schulen bzw. die Schulträger fragen die Bundesmittel zur digitalen Ausstattung der Schulen nur sehr zögerlich ab. Das geht aus einer Antwort des Schulministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Fraktion hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Bis zum 3. Juni seien im Rahmen des Digitalpakts Schule in NRW gut 404.000 Euro von insgesamt möglichen 1,058 Milliarden Euro geflossen.

Mit dem „Digitalpakt Schule“ unterstützt der Bund die Länder und Gemeinden als Schulträger bei Investitionen in die digitale Bildung. Dazu stellte der Bund für alle Bundesländer zusammen fünf Milliarden Euro zur Verfügung, davon 3,5 Milliarden in dieser Legislaturperiode. Die Schulträger in den Ländern steuern zusätzlich mehr als 550 Millionen Euro bei. Dadurch sollen bis 2025 alle Schulen mit digitaler Infrastruktur versorgt, also auch an W-Lan-Netze angeschlossen, sein. Dies ist eine Voraussetzung, um die jüngst von der Landesregierung bewilligten digitalen Endgeräte für Lehrer und Schüler zuverlässig nutzen zu können.

Warum fließt das Geld nur sehr zögerlich? Die Schulleiter zucken nur mit den Schultern, denn: Sie bräuchten das Geld dringend. Offenbar ist es so, dass die Antragstellung bisher zu kompliziert sind und die Prozesse zu lange dauern. Das ist wirklich sehr schade, denn: will man digital lernen, dann braucht es auch die Infrastruktur. NRW will beispielsweise alle benachteiligten Schüler*innen mit Laptops versorgen. Die Verteilung bzw. die Ausleihe soll über die Schulen erfolgen. Doch wenn es hier an Infrastruktur und personeller IT-Power fehlt, dann scheitert diese gute Idee bereits bevor sie begonnen hat.

Um diese Idee letztendlich effektiv umzusetzen gibt es nämlich auch noch ein zweites Projekt: den „GigabitMasterplans.NRW“, dass den Ausbau flächendeckender gigabitfähiger Netze vorantreiben wird. Bis Ende 2022 sollen alle Schulen und Gewerbegebiete angeschlossen sein. „Entscheidend bei der Digitalisierung ist, dass sämtliche Vorhaben parallel umgesetzt werden. Es geht darum, zeitgleich zu agieren, um Wirkung zu erzielen. Die Schulen müssen mit schnellem Internet versorgt werden und die Schulträger können nun mit den Mitteln des Digitalpakts auch in den Schulen noch besser für die notwendige digitale Infrastruktur sorgen. Das Land hat auch die Lehrerausbildung angepasst, damit die Lehrerinnen und Lehrer bereits in ihrer Ausbildung und durch Fortbildungen fit für die digitale Zukunft in den Klassenzimmern werden“, so Ministerin Gebauer.

Okee, die Mühlen mahlen langsam, aber hoffentlich nicht zu langsam. Im September 2019 sagte Frau Gebauer: „Die Schulen und Schulträger stehen beim Digitalpakt jetzt in den Startblöcken und am 15. September gibt das Schulministerium den Startschuss. Die Digitalisierung unserer Schulen wird aber kein Sprint, sondern ein Marathon werden. Die beste Technik von heute wird morgen veraltet sein. Deshalb werden weitere Investitionen folgen müssen. Für die beste Bildung unserer Kinder und jungen Menschen darf uns das nicht zu teuer sein.“

Auch im Sommer 2020 kann man das nur unterschreiben!!!!!!

Die Nachrichten sind zunächst gute Nachrichten: Benachteiligte Schüler und alle Lehrer in NRW sollen eigene Laptops bekommen. Dafür investiert die Landesregierung 350 Millionen Euro. OK, das Geld kommt nicht nur aus Düsseldorf. 105 Millionen Euro stammen aus Bundesmitteln, 18 Millionen Euro von Schulträgern (ob die das schon wissen?). NRW sei damit das erste Bundesland, das seine rund 200.000 Lehrer flächendeckend mit Laptops oder Computern versorge. Zusätzlich sollen vor allem bedürftige Schüler Leihgeräte zur Verfügung gestellt bekommen.

Die Idee ist wirklich eine Gute und wurde bereits vor einigen Wochen in unserem Podcast vorgeschlagen vor dem Hintergrund, dass viele Kids zuhause digital kaum erreichbar seien. Und Lehrer hatten keine Dienstgeräte. Daran scheiterte dann oft der Versuch, digitalen Unterricht anzubieten. Dies soll sich nun ändern in NRW, wobei die Schüler keine Laptops „geschenkt“ bekommen, sondern sich in der Schule ausleihen können.

Soweit der Plan. Lehrerverbände begrüßten die Ankündigungen. „Auch wenn es noch viele Detailfragen zu klären gibt: Dieses Maßnahmenpaket ist ein echter Meilenstein“, kommentiert die lehrer nrw-Vorsitzende Brigitte Balbach. Aber, wie so oft gibt es noch viele offene Fragen. Was passiert mittel- und langfristig mit der Finanzierung – vor allem im Hinblick auf die Infrastruktur-Ausstattung der Schulen? Was passiert, wenn etwas kaputtgeht? Wenn Software aktualisiert werden muss? Wie soll die Ausleihe in der Schule stattfinden? Wer pflegt die Laptops in der Schule? Woher kommen die entsprechenden IT-Menschen der Schule? Die Klärung solcher Fragen bedarf auch einer finanziellen Klärung. Folgekosten, die man einrechnen muss. Da braucht es einen mittelfristigen Plan.

Die TU Dortmund hat für eine bundesweite Studie „Unterricht in der Corona-Pandemie“ mit mehr als 3600 Lehrkräften aus allgemeinbildenden Schulen gesprochen. „Viele haben von Schülern berichtet, die weder ausreichende Medienkompetenz noch die Hardware hatten, um zu Hause mit den gestellten Aufgaben umgehen zu können“, sagt die geschäftsführende Direktorin am Institut für Schulentwicklungsforschung an der TU Dortmund, Nele McElvany,. „Durch die Schulschließungen hatten wir eine Realsituation im Test, der auch gezeigt hat: Viele Schüler haben nicht immer stabiles Internet mit entsprechender Datenmenge zu Hause. In einigen Haushalten gibt es aufgrund der finanziellen oder räumlichen Lage überhaupt keine Internetverbindung.“ Auch Lösungen für diese Probleme müssten noch geklärt werden.

Auch viele Lehrer waren in den vergangenen 100 Tagen überfordert mit dem digitalen Lehren. Eine Schulleiterin berichtete uns, Sie wäre zugleich Mentor und Digital-Coach für ihre Lehrer. Deshalb gab es viele Lehrer, die analog, per Brief und Telefon mit den Schülern unterwegs waren. In der Dortmunder Studie heißt es, dass nur 56 Prozent der Lehrer angaben, dass sie Lernplattformen verwendet hätten. Das muss man auch zur Kenntnis nehmen. Der Weiterbildungsbedarf sei wirklich groß, sagen die Dortmunder Wissenschaftler.

Allerdings war die Lernkurve auch bei den Lehrkräften hoch. Viele probierten neue Formate und Idee aus. Ob „Paddelt“ oder zoom-Meetings mit der Klasse. Es bleibt also spannend – und am Ende gibts viel zu tun.

Quellen: www.tu-dortmund.de, www.rp-online.de, www.schulministerium.nrw.de

In diesen Tagen wurden zwei Bildungsberichte veröffentlicht, die es in sich haben. Der eine ist der Bundesbildungsbericht und der zweite kommt von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM).

Erster Trend: Der Drang zu höheren Bildungsabschlüssen scheint vorbei zu sein. Die Quoten beim Übergang auf das Gymnasium sinken, ebenso die Absolventenquoten beim mittleren Schulabschluss und auch beim Abitur. Außerdem sehen die Autoren Defizite beim Thema Digitalisierung – sowohl in den Schulen als auch bei den Schülern.

Die Corona-Wochen waren in unseren Schulen eine Art „Feldversuch“, der neben viel Engagement auch Lücken zeigten – vor allem in der Digitalisierung. Wir berichteten bereits in diesem Podcast darüber: viele Schüler sind zuhause digital kaum zu erreichen, es gibt aber auch Lehrkräfte, die sehr unsicher in diesem Bereich sind und dann lieber gar nichts anbieten. Und letztendlich fehlt es auch an digitaler Infrastruktur.

Von den Autoren des Bildungsberichts kommt die klare Empfehlung: Digitale Medien lassen sich nur dann nachhaltig ins Lernen einbinden, wenn neben einer besseren technischen Infrastruktur auch verstärkt in die Qualifizierung der Lehrkräfte investiert wird.“

Aber auch grundsätzliche Defizite bei den Schülern werden angesprochen: Es hat zwar heute fast jeder ein Smartphone. Aber über alle Bildungsbereiche hinweg verfüge „ein beträchtlicher Teil der Kinder, Jugendlichen oder Erwachsenen bislang allenfalls über rudimentäre digitale Kompetenzen“. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) und rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) nannte als Beispiel den Umgang mit sogenannten Fake News.

Auch die Lage bei der Berufsausbildung bleibt angespannt: Obwohl es freie Ausbildungsplätze gibt, bleibt ein Teil der Jugendlichen ohne Lehrstelle. Die Bildungsexperten empfehlen: „Soll der Fachkräftebedarf langfristig gedeckt werden, müssen zudem mehr Betriebe darüber nachdenken, auch Jugendlichen ohne oder mit niedrigem Bildungsabschluss die Chance auf einen Ausbildungsplatz zu geben“.

Blickt man dagegen auf das Thema Studienorientierung, erkennt man, dass das Interesse an einem Studium ungebrochen ist. Im Bildungsbericht wird damit gerechnet, dass die Nachfrage nach Studienplätzen bis 2030 auf dem heutigen Niveau bleiben wird. Pro Jahr fangen rund 500 000 Menschen ein Studium an. Die Arbeitsmarktchancen für Akademiker werden als „nach wie vor sehr gut“ bezeichnet.